: USA kritisieren Verteidigungspolitik der EU
Sicherheitskonferenz in München: Schäuble will Einsatz der Bundeswehr im Inneren
München (dpa) – Die USA kritisierten am Wochende bei der Münchener Konferenz für Sicherheitspolitik die Pläne der Europäischen Union für eine eigenständige Militärstruktur. US-Verteidigungsminister William Cohen warnte vor einer Schwächung der Allianz: „Beide Seiten können stärker werden, aber nur, wenn sie zusammen wachsen, nicht getrennt.“ Hochrangige Vertreter von EU und nationalen Regierungen verteidigten dagegen ihre Pläne. „Wir machen genau das, was sie seit Jahrzehnten fordern“, sagte der Beauftragte für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana.
Cohen forderte von den europäischen Partnern höhere Ausgaben für den Militärbereich. Die Vereinigten Staaten könnten auf Dauer keine überproportionale Last tragen. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte Cohen. Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) erklärte, das Bündnis bleibe die „entscheidende Korsettstange“ für Frieden und Demokratie im gesamten euro-atlantischen Raum: „Die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist eine Stärkung der Nato.“ Der neue Nato-Generalsekretär, der Brite George Robertson, betonte: „Niemand will eine Abkopplung. Das ist Blödsinn.“
Auf Kritik stieß das US-Programm für den Aufbau einer nationalen Raketenabwehr. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer (Grüne) mahnte ein Mitspracherecht der europäischen Nato-Partner an. Die Auswirkungen des Projekts auf das Bündnis und die internationale Abrüstung sollten „gemeinsam und sehr sorgfältig abgewogen werden“. Der chinesische Vize-Außenminister Wang Guangya sagte, die Pläne der US-Regierung würden das weltweite strategische Gleichgewicht unterminieren und könnten zu einem neuen globalen Rüstungswettlauf führen.
CDU-Chef Wolfgang Schäuble sprach sich auf der Münchener Konferenz für eine Zusammenarbeit von Bundeswehr und Polizei zur Bekämpfung des Terrorismus aus. Angesichts neuer Bedrohungsszenarien brauche die Abgrenzung zwischen den Organen für innere und äußere Sicherheit eine neue verfassungsrechtliche Grundlage, erklärte Schäuble. Wenn die Union mit Blick auf Frauen in der Bundeswehr einer Verfassungsänderung zustimmen solle, müsse auch dieses Thema auf den Tisch.
Scharping wies die Forderung am Rande der Tagung zurück. Die Bundeswehr sei nicht für den Kampf gegen den Terrorismus ausgebildet. Eine Verfassungsänderung zur Ausweitung der Einsatzmöglichkeiten stehe nicht zur Debatte. Zudem gebe es bereits jetzt auf Basis der Amtshilfevorschriften vielfältige Formen der Zusammenarbeit, etwa durch das Abfliegen von Bahnstrecken.
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