: Die Wege des Hessen-Bimbes
CDU stolpert von einem Offenbarungstag zum nächsten
Hessische Spezialitäten: Knapp 20,8 Millionen Deutsche Mark wurden 1983 von Horst Weyrauch, dem Mann mit den Koffern, in die Schweiz gebracht. Drei schwarze Konten richtete das Trio Infernale der hessischen CDU, Prinz Wittgenstein, Manfred Kanther und Treuhänder Horst Weyrauch, in Zürich bei der UBS-Bank ein. Am 14. Januar, dem ersten Offenbarungstag in Hofheim am Taunus, konnte sich Kanther allerdings nur an knapp acht Millionen Mark erinnern. Ein klassischer Blackout?
Als Koch Chefaufklärer wurde, lag CDU am Boden
Die Vermächtnis- und Darlehnenslegende brach zusammen; Koch wurde Chefaufklärer. Da war der zweite Offenbarungstag in Wiesbaden schon gelaufen. Und die CDU „im Tal der Tränen“, sagte Koch. Dann der Schock: acht Millionen Mark Schwund; vier Millionen bis 1993, vier Millionen nach 1993 – einfach weg.
Wer hat die acht Millionen eingesackt? Persönliche Bereicherung sei nicht mehr auszuschließen, glaubte selbst Koch. Doch Weyrauch hatte für beinahe alles Belege parat. Tütengeld gab es für die amtierende Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU), damit sie Oberbürgermeisterin werden – und bleiben konnte. Auch drei Bundestagskandidaten der Partei wurden unterstützt, darunter die Tigerin der Vertriebenen, Erika Steinbach. Alles nur Peanuts. Mehr als 400.000 Mark sind da nicht zusammengekommen.
Noch ein paar hunderttausend Mark für die Renovierung der Geschäftsstelle der CDU in Wiesbaden; alles verteilt vom Prinzen, dem man dafür „dankbar“ zu sein hatte, wie Petra Roth berichtete. Und wo sind die restlichen, vielleicht sieben Millionen Mark geblieben? Noch mehr „Vermächtnisse“ habe es gegeben, als bislang bekannt. Und „Darlehen“ des Prinzen – auch für die Hessen-CDU. „Nichts davon gewusst“ habe er, beteuert Koch. Auch sein Vorgänger, Walter Wallmann, sei „hintergangen worden“. Von wem? Vom Prinzen natürlich.
Das Fresh Money für die hessische Union nach 1993 war gewaschen. In der Stiftung „Zaunkönig“ in Liechtenstein: von Weyrauch und dem Prinzen und einem adligen Verwandten von Durchlaucht. Schwarz aus der Schweiz rein in die Stiftungs-Maschine – weiß in Hessen wieder raus. Noch im Januar 2000 hat Weyrauch Bargeld aus Liechtenstein nach Hessen transferiert. Also alles wieder da? Und alles wieder gut für Koch? Wo 628.000 Mark geblieben sind, ist weiter nicht bekannt. Aber wer will jetzt noch über die Portokasse reden. Was noch auf den Anderkonten lag, ist inzwischen abgeräumt worden.
Die Hessen-CDU ist dank Affäre 17 Millionen reicher
Um rund 17 Millionen Mark reicher ist die hessische CDU jetzt. Sie wird das Geld vielleicht brauchen; Bundestagspräsident Thierse (SPD), Chef auch der Bundestagsverwaltung, hat schon aus dem Parteiengesetz abgeleitete Ansprüche angemeldet. Da schließt sich der Kreis. Um es einer Kontrolle auf der Grundlage des Parteiengesetzes zu entziehen, hatten es Kanther und der Prinz damals in die Schweiz geschafft; fast die gleiche Summe. Ein Treppenwitz der Geschichte.
Kein Wort von Koch übrigens zu seinem „Koch-Buch“ und dem in diesem Zusammenhang erhobenen Verdacht auf illegale Parteienfinanzierung.
Koch steigt jetzt als Chefaufklärer aus. Alles Material wird der Staatsanwaltschaft übergeben.
Klaus-Peter Klingelschmitt, Frankfurt
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