: Neues Lebenszeichen von Radio-Liberty-Journalisten
Ein Video zeigt Andrej Babitzki, der in Grosny verhaftet und ausgetauscht wurde. Von wann das Band stammt, ist unklar. Russische Medien üben scharfe Kritik an der Regierung
Moskau (taz) – Gestern tauchte in Moskau ein neues Video als Lebenszeichen des Radio-Liberty-Korrespondenten Andrej Babitzki auf. Seine Behandlung seitens anonymer russischer Sicherheitskräfte hat dazu geführt, dass sich in der russischen Presse erstmals eine breite Front gegen die Regierung Putin bildet.
Nach der offiziellen Version war der Mitte Januar von russischen Sicherheitskräften in Tschetschenien verhaftete Korrespondent vor einer Woche im Austausch gegen zwei russische Geiseln tschetschenischen Kämpfern übergeben worden. Dazu lieferte der Sicherheitsdienst FSB ein Video, das die Aktion belegen sollte.
In beiden Fällen wirkt das auf den Kassetten Gezeigte inszeniert und lässt Zweifel an der Echtheit ihrer Datierung aufkommen. Auf den neuen Aufnahmen wirkt Babitzki deprimiert und den Tränen nahe. „Heute ist der 6. Februar“, sagt er und: „Ich habe nur ein Problem – mit der Zeit. Ich kann nicht so bald bei euch sein, wie ich gerne möchte.“ Der mittlere Satz lässt sich nicht nur auf dieses Ende beziehen, er könnte auch ein Signal Babitzkis sein, dass das angegebene Datum nicht stimmt.
Die Befürchtungen von Babitzskis Familie, dass er tot sein könnte, sind damit nicht aus dem Wege geräumt. Um die Verwirrung voll zu machen, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft diese Woche, sie lade Babitzki vor und werde bei Nichterscheinen einen Haftbefehl erlassen.
Die neue Kassette wurde dem Direktor der russischsprachigen Programme von Radio Liberty, Mario Corti, von einem Tschetschenen in einer Uniform des russischen Innenministeriums übergeben. Corti bezweifelt, dass es sich um eine Aktion tschetschenischer Rebellen handeln könne. Prominente tschetschenische Feldkommandeure hatten dementiert, dass sich der Journalist in ihrer Gewalt befände. Aber Scharip Jussupow, ein in Moskau lebender Tschetschene, der als Verbindungsmann des tschetschenischen Präsidenten Maschadow gilt, bestätigte die Nachricht gestern.
Weder der Geheimdienst FSB, die Armee noch die Militärstaatsanwaltschaft wollen indessen für den Austausch verantwortlich gewesen sein. Und auch der amtsausübende Präsident Wladimir Putin will nichts von ihr gewusst haben.
Die russische Öffentlichkeit ist aber in diesem Falle nicht bereit, die Regierung von der Verantwortung freizusprechen. In einer gestern veröffentlichten Erklärung russischer Journalisten und populärer Moderatoren heißt es: „Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass sich die russischen Machthaber jetzt auch von der elementarsten Beachtung von Recht und Gesetz verabschiedet haben. Eine solche Staatsmacht nennt man totalitär.“ Barbara Kerneck
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