: Der Lügner bleibt Regierungschef
■ Roland Koch hat gelogen, und die Bundes-FDP schämt sich für ihn. Grüne planen Unterschriftenaktionfür Neuwahlen in Hessen. Hamm-Brücher (FDP) und Bundeskanzler Schröder legen Koch Rücktritt nahe
Frankfurt (taz) – „Herr Koch, Sie sind ein Lügner!“, rief gestern die Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen im Hessischen Landtag, Priska Hinz. Ihre Partei plant nun eine Unterschriftenaktion für Neuwahlen in Hessen. Das Eingeständnis von Ministerpräsident Roland Koch (CDU), im Zusammenhang mit einem fingierten Darlehen von Prinz Wittgenstein für die hessische CDU seine eigene Beteiligung an einem Vertuschungsversuch zunächst verschwiegen zu haben, bringt die Opposition in Wiesbaden in Rage. Und die FDP in die Bredouille: Während die Hessen an ihrer Koalition mit der CDU festhalten wollen, grenzt man sich auf Bundesebene von ihnen ab.
Die Grande Dame der FDP, Hildegard Hamm-Brücher, sagt im taz-Interview, dass für die hessische FDP der Moment gekommen sei, die Koalition zu verlassen. Ein Rückzug aus dieser Regierung befördere „die politische Hygiene in unserem Land“.
Parteichef Wolfgang Gerhardt kam gestern nach Hessen, um mit der Fraktion die neue Situation zu erörtern. Dass sich Koch als „Lügner geoutet“ (SPD) habe, bewertete Gerhardt als einen „dramatischen Vorgang, der ganz bestimmt keine Bagatelle“ sei. Allerdings müsse noch geprüft werden, ob Koch mit seiner Unterschrift unter den wissentlich gefälschten Rechenschaftsbericht gegen Recht und Gesetz verstoßen habe. Auf die Frage, ob Koch zurücktreten solle, sagte Gerhardt: „Das muss er selbst bewerten.“ Auf Distanz zu Koch ging gestern selbst der CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhart von Klaeden. Das Ansehen des Ministerpräsidenten sei beschädigt, seine „weiße Weste befleckt“. Koch werde dafür den „politischen Preis“ bezahlen müssen. Auch Bundeskanzler Schröder legte Koch den Rücktritt nahe.
Die FDP in Hessen, die zwei Minister stellt, hält (noch) eisern zu Koch. Die Partei würde bei Neuwahlen vielleicht Zugewinne erzielen, aber wahrscheinlich die Regierungsbeteiligung verlieren, wird in Wiesbaden gemunkelt. Ein zu hoher Preis für Freie Demokraten?
Klaus-Peter Klingelschmitt
Inland Seite 6, Kommentar Seite 12
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