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EU-Recht schützt Türken in Deutschland

Der Europäische Gerichtshof verbietet Abschiebungen, die nur der Abschreckung dienen sollen. Ein türkischer Familienvater war an einem Drogengeschäft beteiligt und sollte ausgewiesen werden ■ Von Christian Rath

Freiburg (taz) – Türkische Arbeitnehmer mit festem Aufenthaltsrecht dürfen nicht allein aus generalpräventiven Gründen ausgewiesen werden. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg auf Vorlage eines bayerischen Gerichts. Der EuGH setzt damit seine großzügige Auslegung des von der EU mit der Türkei geschlossenen Assoziationsabkommens fort.

Konkret ging es um den Fall eines türkischen Familienvaters, der seit 1979 in Deutschland lebt und arbeitet. 1992 war er jedoch in ein Drogengeschäft verwickelt, bei dem es um die Einfuhr von 1,5 Kilo Heroin ging.

Nach 13-monatiger Untersuchungshaft verurteilte ihn ein Strafgericht zu einer relativ milden Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten. Die Strafe wurde sogar zur Bewährung ausgesetzt, weil der Türke „ehrliche Reue und Bestürzung“ gezeigt habe, seine Tatbeteiligung nur von geringer Bedeutung war und auch keine Rückfallgefahr bestehe. Schnell fand der Mann wieder Arbeit, doch nun wollte ihn die Stadt Nürnberg in die Türkei ausweisen.

Hiergegen klagte der Türke vor dem Verwaltungsgericht Ansbach, das den Fall nach Luxemburg überwies. Der EuGH ist nämlich auch für die Auslegung des Assoziationsabkommens EU-Türkei zuständig. Von großer Relevanz ist dabei der Beschluss 1/80 des Assoziationsrates, der türkischen Arbeitnehmern nach einjähriger Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung ihrer Arbeitserlaubnis gibt. Der EuGH hat daraus auch einen Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis konstruiert.

Im vorliegenden Fall entschied der EuGH nun, dass dieser Anspruch nicht erlischt, wenn die Beschäftigung durch eine längere U-Haft unterbrochen wird, denn die U-Haft diene vor allem der Sicherung des Strafverfahrens und dürfe keine zusätzlichen negativen Folgen für den Betroffenen haben.

Auch die nachfolgende Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe rechtfertige keine Ausweisung, so der EuGH. Zum einen habe das Strafgericht gerade die Wiedereingliederung des Mannes ermöglichen wollen, zum anderen gehe von ihm nach allgemeiner Auffassung auch keine Gefährdung mehr aus.

Allein aus generalpräventiven Gründen, also zur bloßen Abschreckung von anderen Ausländern, dürfe eine Ausweisung nicht verfügt werden, entschied nun der EuGH. Es gebe keinen Grund, türkische Staatsbürger hier anders zu behandeln als EU-Bürger.

Der Fall wird nun zwar noch einmal vom Verwaltungsgericht Ansbach bearbeitet, eine Abschiebung des betroffenen Türken ist nach der gestrigen Entscheidung aber ausgeschlossen.

Die EuGH-Entscheidung hat europaweite Bedeutung. Vor allem in Deutschland, Österreich und den Niederlanden ist der türkische Bevölkerungsanteil hoch. Der Türke war vor dem EuGH von der französischen Regierung und der EU-Kommission unterstützt worden. (Az.: C-340/97)

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