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Afghanen wollen nicht mehr zurück

■ Die britische Polizei rätselt nach dem friedlichen Ende der Flugzeugentführung über die Täter und Opfer. Mindestens 60 Flugzeuginsassen stellten inzwischen einen Asylantrag

Stansted (AFP) – Nach dem unblutigen Ende des Entführungsdramas auf dem Londoner Flughafen Stansted wollen viele der Flugzeuginsassen nicht mehr in ihre Heimat Afghanistan zurück. Wie der britische Innenminister Jack Straw gestern mitteilte, beantragten mindestens 60 von ihnen in Großbritannien politisches Asyl. Die Hintergründe der Entführung, die fast 100 Stunden gedauert hatte, lagen weiterhin im Dunkeln.

Die Polizei nahm gestern 21 mutmaßliche Luftpiraten fest. In mehreren Fällen rätselte sie jedoch, wer Täter und wer Opfer war. Zuletzt hatten sich an Bord der Boeing 727, die am Sonntag auf einem Inlandsflug in Afghanistan entführt worden war, noch 151 Menschen befunden. Die in Kabul regierende islamistische Taliban-Miliz begrüßte das friedliche Ende und forderte eine harte Bestrafung der Täter.

Die Entführer gaben gestern Morgen auf. Zunächst konnten gegen vier Uhr früh 85 Geiseln das Flugzeug verlassen. Drei Stunden später verließen die Geiselnehmer sowie die restlichen Passagiere und Besatzungsmitglieder die Maschine. Nach ersten Befragungen wurden 21 Verdächtige festgenommen. Die meisten davon kommen an Hand von Zeugenaussagen oder der Identifikation ihrer Stimmen als Entführer in Frage. Es sind jedoch offenbar auch einige Passagiere dabei, die mit den Luftpiraten zusammmengearbeitet haben sollen.

Der zuständige Polizeichef David Stevens betonte, den Entführern seien keinerlei Zusagen gemacht worden. Sie hätten die Gewährung von politischem Asyl auch nicht zur Bedingung für ihre Aufgabe gemacht. Die britische Tageszeitung Daily Mail berichtete, etwa vierzig Insassen der gekaperten Maschine seien miteinander verwandt. Die Gruppe habe beim Einchecken in Kabul erklärt, sie wolle zu einer Hochzeit nach Masar-i-Scharif im Norden Afghanistans fliegen. Dem Flughafenpersonal sei aber aufgefallen, dass die Gruppe zu viel Gepäck für eine Hochzeitsgesellschaft hatte. Die Waffen der Entführer waren nach britischen Presseberichten unter den Gewändern von Frauen versteckt. Sie seien nicht entdeckt worden, weil es am Kabuler Flughafen keine Metalldetektoren gibt.

Innenminister Straw will die Flugzeuginsassen möglichst schnell abschieben, das Asylverfahren soll aber eingehalten werden. Der konservative Oppositionsführer William Hague forderte, den Entführern dürfe auf keinen Fall Asyl gewährt werden.

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