Schlagzeilen in Ghana: „Geheime Folter“

■ Afrikanische Medien und Asylbeobachter besorgt über Abschiebungen „in den Großraum Afrika“ / Bremer Anwalt fordert Schadenersatz für Gambier, der über einen Tag gefesselt blieb

Die Bundesregierung, allen voran Innenminister Otto Schily (SPD), will Abschiebungen effektiver machen. Unter dem Titel „Massive Methoden“ berichtete darüber jüngst auch der Spiegel. Angesichts der Erlebnisse des Gambiers Omaru F. bei seiner Abschiebung aus Bremen nach Banjul/Gambia allerdings stellen sich BeobachterInnen die Frage, wie ein noch „effizienteres Rückkehrmanagement“ aussehen könnte.

In einem Brief an seinen Bremer Anwalt Hans Meyer-Mews schildert der Gambier jetzt die Umstände seiner Abschiebung vor mehreren Wochen (siehe Kasten). Während er im Gewahrsam des Bundesgrenzschutzes in Düsseldorf zwölf Stunden lang auf seinen Flug nach Ghana warten musste, habe er nichts zu essen bekommen, so Omaru F. Beim rund achtstündigen Flug sei er gefesselt geblieben. Nach der Zwischenlandung in Ghana schließlich sei er – bis zum Anschlussflug nach Banjul/Gambia am nächsten Tag – über Nacht sogar in Haft genommen worden. „Ich habe sehr gelitten“, schrieb der Mann, der einst für die Eheschließung mit einer Deutschen eingereist war, jetzt an seinen Bremer Anwalt. Der will nun alle Hebel in Bewegung setzen, damit sich solche Fälle nicht wiederholen. Auch will er Schadenersatz für seinen Mandanten geltend machen.

„Behörden, die an deutsches Recht und Gesetz gebunden sind, dürfen keine Maßnahmen ergreifen, die gemessen am Grundgesetz zu rechtswidriger Freiheitsentziehung führen“, argumentiert Meyer-Mews. Sein Ärger ist groß – zumal er im Vorfeld der Abschiebung seines gambischen Mandanten bereits rechtliche Probleme befürchtet hatte. Insbesondere hatte er sich dagegen gewendet, dass Omaru F. während des Fluges mit „Ghana Airways“ durch einen Sicherheitsdienst bewacht werden sollte. Niemand könne sich für das rechtsstaatliche Verhalten ghanaischer Sicherheitskräfte verbürgen, zumal es Amnesty-Berichten zufolge „mit der Wahrung der Menschenrechte in Ghana nicht weit her ist“. Mithin liege ein Abschiebehindernis vor, hatte Meyer-Mews noch kurz vor knapp vorm Verwaltungsgericht alle Register gezogen. Die Richter gaben unbeeindruckt grünes Licht für die Abschiebung: „Anhaltspunkte dafür, dass rechtsverletzende Maßnahmen während des Fluges ergriffen werden könnten, bestehen nicht und sind auch nicht glaubhaft gemacht worden.“ Ebensowenig wollte das Gericht das Einschalten eines ausländischen Sicherheitsdienstes beanstanden. Hier handele es sich um „Mitwirkungshandlungen dritter Staaten“.

Auch den Aufenthalt des Gambiers beim Zwischenstopp in Ghana hielten die Richter für bestens geregelt. In der Hauptstadt Accra werde der Mann sich für eine Nacht im Transitbereich aufhalten müssen, wiesen sie die Einwände Meyer-Mews' zurück. Darüber hinaus habe man die deutsche Botschaft in Accra gebeten zu überwachen, dass der Mann „während seines Aufenthalts in Ghana ordnungsgemäß untergebracht ist“. Soweit offenbar die Theorie.

Die Praxis beobachten Menschenrechtsgruppen dagegen mit wachsender Sorge. Bei Pro Asyl in Frankfurt etwa registriert man schon länger, dass Ghana zunehmend „zur Drehscheibe für Abschiebungen in den Großraum Afrika“ werde. Ähnliches bestätigen kritische Berichte akrikanischer Medien. Zuletzt titelte „The Ghanaian Chronicle“ über „Geheime Folter“ im Zusammenhang mit Massenabschiebungen aus Deutschland – in die die Fluglinie Ghana Airways und „unsere Soldaten“ verwickelt seien. Nach Recherchen des Journalisten Raymond Archer übernehmen ghanaische Militärs, „Ghana armed Forces“ die Eskorte von abgeschobenen Afrikanern. Pro Flug und Soldat werde gezahlt. Dabei handele es sich bei den aus Deutschland Abgeschobenen nicht nur um ghanaische Staatsangehörige – sondern um senegalesische, nigerianische, kamerunische und – wie Omaru F. – gambische. Nicht immer sei deren wirkliche Staatsangehörigkeit gesichert. So sei einer Mutter samt Kleinkind die Einreise nach Senegal verweigert worden. Sie wurde nach Ghana zurück geschickt, wo sie am Flughafen herumirrte. Dass mittellos Abgeschobene ghanaische Soldaten anbettelten, um die Weiterreise bezahlen zu können, sei fast die Regel.

In welchem Umfang und unter welchen Bedingungen diese Abschiebungen in Kooperation mit Ghana Airways und ghanaischen Soldaten geschehen, ist offiziell noch unklar. Die Bundestagsfraktion der PDS hat nun eine entsprechende Anfrage gestellt. Ghanas Außenminister soll unterdessen jede Beteiligung an den Abschiebungen bestritten haben. Man sei über die Vorgänge verärgert, hieß es im Chronicle. Die deutsche Regierung beweise „Mangel an diplomatischem Gespür“. Zugleich kündigte der Außenminister Gespräche mit der nationalen Fluglinie „Ghana Airways“ an. Deren Sprecher für Deutschland war in der vergangenen Woche für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Unterdessen bestätigte der Bundesgrenzschutz, dass es im Fall Omaru F. zu Verzögerungen gekommen sei, für die der BGS nicht verantwortlich sei. ede