: Mission impossible von KFOR und Unmik
Die Kämpfe in Mitrovica resultieren aus dem widersprüchlichen Mandat von KFOR und Unmik. Wo diese umein multiethnisches Kosovo bemüht sind, arbeiten Serben und Albaner an einer Teilung ■ Von Andreas Zumach
Genf (taz) – Die französischen KFOR-Truppen in der zwischen Serben und Albanern geteilten Stadt Mitrovica im Norden des Kosovo „sind zur Schutztruppe der Serben“ geworden. Die zur französischen KFOR-Zone gehörenden Regionen nördlich des Ibar werden von Belgrad kontrolliert. So heißt es in Berichten der letzten Tage über die Eskalation von Auseinandersetzungen in und um Mitrovica.
Beide Feststellungen treffen zwar die heutige Situation acht Monate nach der Stationierung der Nato-geführten KFOR und der Etablierung der Unmik. Doch die Behauptung einiger Kommentatoren – auch der taz – einer besonderen Sympathie Frankreichs mit den Serben und die Schlussfolgerung, von Beginn an in Mitrovica stationierte Truppen anderer Nato-Staaten hätten die Teilung der Stadt nicht zugelassen und damit auch die jüngste Eskalation verhindert, ist nicht belegt. Vor allem aber geht sie an den grundlegenden Problemen und Widersprüchen der beiden Missionen von UNO und KFOR vorbei. Diese haben zwangsläufig zu den gewalttätigen Auseinandersetzungen in Mitrovica geführt. Warum? Der endgültige völkerrechtliche Status des Kosovo wurde in dem im März 1999 von den Kosovo-Albanern unterzeichneten Vertrag von Rambouillet offen gelassen. Nach serbischer Interpretation wurde mit der im Vertrag zwischen Nato und Belgrad vom Juni vereinbarten „Autonomie Kosovos innerhalb Jugoslawiens“ eine endgültige Regelung getroffen.
Die internationale Gemeinschaft hat sich zu dieser Frage nicht abschließend und eindeutig geäußert. In dieser Situation versuchen beide Konfliktparteien durch die Schaffung von Fakten vor Ort die Entwicklung in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Nach der Vertreibung und Flucht von über 120.000 SerbInnen und rund 30.000 Roma sowie Angehörigen anderer Minderheitengruppen seit Juni 1999 sehen sich die Kosovo-Albaner ihrem Ziel eines unabhängigen Kosovo ein Stück näher. Die 40.000 Nato-Soldaten der KFOR wollten oder konnten diesen Exodus nicht verhindern. Ob das möglich gewesen wäre, wenn die Nato-Soldaten sich sofort nach Beginn ihrer Stationierung demonstrativ schützend vor die Häuser, Läden oder Kirchen nicht albanischer Kosovaren gestellt hätten?
Rückwirkend lässt sich das nicht beweisen. Tatsache bleibt, dass die Nato-Soldaten diese Schutzmaßnahmen damals nicht und nur völlig unzureichend ergriffen haben. Dieser Umstand wiegt schwer. Denn dies macht die Nato-Soldaten der KFOR in den Augen vieler Serben noch mehr zum Komplizen der Albaner als sie es in Folge der Luftangriffe gegen Jugoslawien schon waren. Diese Wahrnehmungen auf serbischer Seite haben dazu geführt, dass die Option einer Teilung des Kosovo sowohl in Belgrad wie bei vielen im Kosovo verbliebenen Serben in den letzten Monaten erheblich an Unterstützung gewonnen hat. Alle Maßnahmen Belgrads in den Kosovo-Regionen nördlich des Ibar dienen diesem Ziel. Schon jetzt lässt sich von einer De-facto-Teilung sprechen.
Auch wenn die Albaner eine Teilung des Kosovo bislang noch vehement ablehnen: Gemeinsam ist Serben und Albanern das Ziel, dass die Unmik mit ihrem Anliegen der Rückkehr aller Vertriebenen und Geflohenen und der Wiederherstellung eines multiethnischen Kosovo keinen Erfolg hat. In einer solchen Situation kann die Unmik nur scheitern. Spätestens wenn bei der Vorbereitung der Wahlen neue Papiere an die Albaner ausgegeben werden und zu klären ist, ob und wo vertriebene und geflohene Serben abstimmen dürfen, wird es wohl an vielen Orten zu Auseinandersetzungenkommen – wie jetzt in Mitrovica.
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