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Teure Zeiten für schlechte Schiffe

Hamburg fordert unterschiedliche Hafengebühren für Seetanker

Hamburg (taz) – Die „Erika“ hätte draufzahlen müssen. Der Tanker, dessen Öl die bretonische Küste zukleistert, wäre in die Kategorie der Schiffe gefallen, die erhöhte Hafengebühren entrichten müssen, weil sie internationalen Sicherheitsstandards nicht genügen. Diesen Vorschlag hat die Hansestadt Hamburg auf einer internationalen Konferenz zu Umweltschutz und Schifffahrt diskutieren lassen, die gestern zu Ende ging.

An sich sind Seeschiffe ein umweltfreundliches Transportmittel. Nach Angaben der Hamburger Umweltbehörde brauchen sie bis zu 95 Prozent weniger Energie für den Transport von Gütern. Trotzdem erwarten Experten, dass sie 2010 bis elf Prozent des Schwefeldioxids erzeugen, das in der EU in die Luft geblasen wird. Außerdem leiten viele Kapitäne Ölreste ins Meer, und die extrem giftige Chemikalie Tributylzinn (TBT) ist erst ab 2008 in Schiffsfarben vollends verboten.

„Wenn der Rücksichtslose der Gewinner ist, dann ist man auf einen Systemfehler gestoßen“, sagte Hamburgs Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) bei der Konferenz. Weil sich die internationalen Standards für den Schiffsverkehr nur so langsam ändern lassen wie der Kurs eines Supertankers, will er am Geldbeutel der Reeder ansetzen: Wer sich an die Regeln der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO hält, soll die normalen Gebühren zahlen. Wer IMO-Standards erreicht, schon bevor sie in Kraft treten, zahlt weniger. Gleich eingeteilt werden die, die die ISO-Norm für Sicherheitsmanagement erfüllt. Für Schiffe dagegen, die bereits in einem anderen Hafen aufgefallen sind, wird ein Zuschlag fällig, ebenso für Pötte wie die „Erika“, die vom Internationalen Meeresforum der Ölgesellschaften (OCIMF) für eine Charter abgelehnt wurden.

Wie das Gutachten des Bremer Professors Manfred Zachcial ausweist, auf das sich der Hamburger Vorschlag stützt, gibt es in anderen Ländern bereits ähnliche Anreizsysteme: Die Niederlande entwickelten den „Green Award“, der einen hohen Standard bei Mannschaft, Management und Schiffstechnik von großen Tankern mit Rabatten belohnt. Spanien, Portugal, Südafrika und die Shetlandinseln haben das System übernommen, und Schweden belohnt abgasarme Schiffe mit Rabatten. Der Hamburger Vorschlag versucht, diese Lösungen zu integrieren. Allerdings versteht ihn die Hamburger Behörde nur als Arbeitsgrundlage für ein gemeinsames Anreizsystem möglichst vieler europäischer Häfen. Umweltsenator Porschke steht jedoch in der Pflicht, bis zum Ende der Legislaturperiode ein Bonus/Malus-System einzuführen.

Schwierigkeiten macht dabei die Forderung der Hamburger Hafenlobby, Zuckerbrot und Peitsche dürften nicht zu höheren Hafengebühren und damit einem Wettbewerbsnachteil führen. Denn für einen Malus kommen weit weniger Schiffe in Frage als für einen Bonus. „Schiffe, die gültige (IMO-) Standards einhalten, kann man nicht mit einem Malus bestrafen“, sagte ein Experte der Umweltbehörde. Offen dagegen sei, ob Schiffe, die Selbstverpflichtungen von Reederorganisationen nicht erfüllten, bestraft werden dürften.

Gernot Knödler

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