piwik no script img

Handelskonflikte bleiben ungelöst

Auf der Unctad X wird viel diskutiert, aber in der Frage der Sozialklauseln und der Marktöffnung kommen sich reiche und arme Länder nicht näher ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Eine „heilsame“ Gelegenheit zur Diskussion zwischen reichen Industriestaaten und armen Entwicklungsländern über die Folgen der Globalisierung sollte die 10. UNO-Konferenz über Handel und Entwicklung (Unctad X) in Bangkok bieten, die heute endet. Das hatte der thailändische Gastgeber, Vizepremier Supachai Panitchpakdi, angekündigt.

Supachai, der im kommenden Jahr Chef der Welthandelsorganisation WTO wird, und Unctad-Chef Ruben Ricupero gaben sich Mühe, diese Diskussion zu beleben: Während die Diplomaten aus 160 Ländern einen Aktionsplan formulierten, der heute verabschiedet werden soll, versammelten sich Ökonomen und Politikwissenschaftler, die Chefs der wichtigsten UNO-Organisationen und Vertreter von internationalen Hilfsorganisationen zu für solche Veranstaltungen beispiellosen „interaktiven Debatten“.

Der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad kritisierte unter Applaus die Politik des Internationalen Währungsfonds (IWF), dessen Rezepte die Asienkrise nach 1997 noch verschärft hätten. Der scheidende IWF-Chef Camdessus wies die Kritik später zurück: Das überraschend schnelle Ende der Asienkrise sei der beste Beweis dafür, dass er Recht behalten hätte. Gleichzeitig schlug Camdessus aber vor, künftig mehr Ländern Mitsprache bei den wichtigen internationalen Finanzentscheidungen zu bieten und Organisationen wie die Internationale Arbeitsorganisation ILO zu konsultieren. WTO-Chef Mike Moore beklagte, dass Bill Gates reicher sei als die 48 ärmsten Länder der Welt zusammen.

Der Aktionsplan der Unctad X enthält eine Aufzählung von Chancen und Risiken, die nach Ansicht der 160 in Bangkok vertretenen Regierungen mit dem Welthandel und der Globalisierung verbunden sind (nachzulesen unter: www.unctad.org). Umstritten blieb die aus den Industrieländern stammende Forderung, Unctad möge sich verstärkt für „good gouvernance“ einsetzen – also für eine saubere Regierung, für Rechtsstaatlichkeit und gegen die Korruption. Viele Regierungen befürchteten aber, so ein Delegierter, „dass die UNO oder Menschenrechtsgruppen diesen Passus nutzen, um sich in unsere inneren Angelegenheiten einzumischen“. Ein weiterer Konflikt blieb bis gestern ungelöst: Viele Entwicklungsländer sträuben sich vehement dagegen, Handelsabkommen mit Sozialklauseln zu verknüpfen. Amerikaner und Europäer wollten zum Beispiel die Abschaffung der Kinderarbeit oder besseren Arbeitsschutz in Fabriken zur Voraussetzung für die Öffnung ihrer Märkte machen.

Davor warnten auch NGO-Vertreter: „Wir sind nicht für Kinderarbeit“, sagte der philippinische Soziologieprofessor Walden Bello. „Aber wir glauben, dass die Industrieländer dies nur als Vorwand benutzen, um ihre eigenen Produzenten zu schützen.“

In einem anderen Streitpunkt fanden die Unterhändler der Industrieländer einen Pseudokompromiss: Sie einigten sich darauf, ihre Grenzen „im Wesentlichen für alle“ Exportgüter der 48 ärmsten Staaten zu öffnen. Dies sei, räumten deutsche Delegierte ein, in Wahrheit nur eine diplomatische Form dafür, dass die Forderung der Entwicklungsländer nach einem ungehinderten Zugang zu den Märkten der reichen abgeschmettert wurde. Denn noch ist nicht geklärt, was sich hinter der Formulierung „im Wesentlichen alle“ verbirgt. Diese Frage könne erst in einer neuen WTO-Runde entschieden werden, die vielleicht schon im Frühjahr stattfindet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen