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Diskutieren geht über Lavieren

Künast und Fücks wollen auf Grünen-Parteitag im März die überfällige Debatte über Lehren aus der Spendenaffäre führen

Berlin (taz) – Fünf Seiten, zwei Vordenker und das hehre Ziel, die politische Kultur der Republik zu erneuern: Drei Monate nach Beginn der CDU-Spendenaffäre haben die Grünen einen Vorschlag vorgelegt, in dem skizziert wird, welche Lehren aus dem „System Kohl“ zu ziehen sind. Das Papier ist ein von prominenten Grünen unterzeichneter Antrag für den Parteitag Mitte März. Eine Grundlage für eine Generaldebatte in Partei und Republik.

„Wir brauchen ein Mehr an Kontrolle, an persönlichen Sanktionen und an direkter Demokratie“, umreißt Renate Künast, Berliner Fraktionschefin, die Stoßrichtung. Sie und der Parteivordenker Ralf Fücks aus Bremen stehen hinter dem Papier. Der Vorschlag geriet zum Rundumschlag, weil – so meinen die beiden – das verlorene Bürgervertrauen nur mit einem ganzen Maßnahmenpaket zurückzuholen ist. Als Konsequenz aus der Spendenaffäre fordern die beiden Grünen eine komplette Offenlegung der Parteifinanzen: „Sonstige Einnahmen“ soll es nicht mehr geben, Bundestagspräsidium und Bundesrechnungshof sollen Auskunft über die Finanzen verlangen können. Die Wirtschaftsprüfer der Parteien sollen alle vier Jahre ausgetauscht werden, der Bundesrechnungshof zusätzlich einen prüfenden Blick auf die Finanzen werfen.

Spenden sollen bereits ab 6.000 Mark veröffentlicht werden müssen. Spender dürfen nicht mehr als 40.000 Mark im Jahr fließen lassen. Auch die Täterhaftung ist Thema: Politiker, die gegen das Parteiengesetz verstoßen, sollen ihr passives Wahlrecht zeitweise verlieren. Auch an anderen Fronten enthält das Papier Vorschläge. So wollen Künast und Fücks einem weiteren System Kohl durch Begrenzungen der Amtszeit vorgebeugen: In der Ranghöhe eines Bundeskanzlers oder Ministers soll nach zwei Amtszeiten Schluss sein. Minister wollen die beiden in Aufsichtsräten gar nicht mehr sehen. Ein Verhaltenskodex für öffentliche Ämter soll den Politikern generell eine Richtlinie an die Hand geben.

Auch in der Bezahlung der Parlamentarier sehen Künast und Fücks Reformbedarf: Zwar soll die finanzielle Unabhängigkeit gesichert bleiben. Dafür möchte man aber die Einkünfte der Parlamentarier offen gelegt sehen und die Übergangsgelder nach dem Ausscheiden beschneiden. Und um den Bürger wieder der etwas abgehobenen Politik anzunähern, fordern die beiden eine Stärkung der direkten Demokratie, etwa durch Volksbegehren auf Bundesebene oder die Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten.

Von der Stärkung der Demokratie innerhalb der Parteien bis zu einer institutionalisierten Kontrolle im Parlament fehlt in dem Papier nur ein Aspekt: Die eigene Trennung von Amt und Mandat, die eigentlich aufgehoben werden sollte. „Wir wollten hier der Debatte auf dem Parteitag nicht vorgreifen“, erklärt Fücks. Bei der Größe des Themenpakets könnte es eine heiße Diskussion werden.

Verhandlungen innerhalb der Koalition habe es noch nicht gegeben, sagt Künast. Weil das keinen Sinn mache, solange der Untersuchungsausschuss noch zu keinem Ergebnis gekommen ist. Hier diskutiere zuerst die Partei – in der dem Thema angemessenen Ruhe.

Gunnar Mergner

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