: Volker rächt die Signale
Hamburger CDU-Vize und Rühe-Gefolgsmann Uldall provoziert neuen Streit in Union. Votum für Merkel war „Panikreaktion“ ■ Von Sven-Michael Veit
Die Hilfstruppen formieren sich neu. Hamburgs CDU-Delegierte würden auf dem Bundesparteitag im April für Volker Rühe als neuen Parteichef stimmen, behauptete gestern der Eimsbütteler Bundestagsabgeordnete Gunnar Uldall. Damit provoziert der Hamburger CDU-Vize neuen Streit in seinem Landesverband. Der hatte ihn auf dem Parteitag am Sonnabend in Wilhelmsburg als stellvertretenden Parteichef bestätigt und anschließend mit deutlicher Mehrheit für Generalsekretärin Angela Merkel als neue Bundesvorsitzende votiert (taz berichtete).
Diese Abstimmung, meint Uldall nun treuherzig, wäre „anders ausgefallen“, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits die Kandidatur von Rühe bekannt gewesen wäre. Bei der Abstimmung über den Antrag, der Merkel als Parteivorsitzende befürwortet, sei „klar gewesen, dass dieser nur so lange gelte, wie sich keine weiteren Bewerber meldeten“, differenziert Uldall im Nachhinein gar feinsinnig.
„Das Signal höre ich wohl“, kommentiert eine Christdemokratin ironisch. Es sei „ein weiterer Beweis“ dafür, dass Rühe „ein ganz schlechter Verlierer ist“ und jetzt „den Uldall vorschickt“. Der Steuerexperte ist von Rühe als Finanzminister in Schleswig-Holstein nominiert worden, falls er am Sonntag die dortige Landtagswahl entgegen aller Meinungsumfragen doch noch gewinnen sollte. Das würde zugleich, hatte Rühe eingeräumt, „da-rüber entscheiden, welche Möglichkeiten ich danach habe“. Die Konservativen in der Union favorisieren den früheren Generalsekretär als neuen CDU-Parteivorsitzenden.
„Das ist Volkers Rache“, so die Einschätzung eines führenden Hamburger Christdemokraten über den Vorstoß Uldalls. Denn der Hamburger Fraktionschef Ole von Beust hatte Gastredner Rühe vor den 236 Delegierten brüskiert: „Ich bin für Angela Merkel als Nummer 1 der CDU“, hatte er sehr zum Missfallen des gebürtigen Harburgers offen erklärt.
„Dazu und zum Beschluß der Delegierten stehe ich“, erklärte von Beust gestern gegenüber der taz. Er sehe keine Veranlassung, sich „an diesem Kleinkrieg zu beteiligen“. Die Bürgerschaftsabgeordnete Antje Blumenthal, die ebenso wie von Beust und Uldall als Hamburger Partei-Vize am Sonnabend bestätigt worden war, distanzierte sich ebenfalls: „Ich teile Herrn Uldalls Position nicht“, und Merkel halte sie „für eine überzeugende Wahl“.
Ein Sprecher des CDU-Landesverbandes erklärte Uldalls Verlautbarung gestern zu „einer persönlichen Meinung“. Die Partei aber „steht zu dem Votum des Parteitages“. Ähnlich äußerten sich mehrere Ortsvereinsvorsitzende. Unterstützung kam lediglich von der Abgeordneten Viviane Spethmann, Vorsitzende des Ortsverbandes Winterhude. Die Entscheidung am vorigen Sonnabend war wohl, so deutelte sie gestern, „eine Panikreaktion“.
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