: Geschichte eines Flughafens
Zur Einweihung des Frankfurter Flughafens luden Nazis 1936 zum Kaffee auf das begrünte Vorfeld. Neun Jahre später war das Areal völlig zerbombt. Nach dem Wiederbau landete 1946 die erste Verkehrsmaschine der American Overseas Airline. Später flogen von hier die Rosinenbomber nach Berlin.
Der günstig in der Mitte Europas gelegene Airport wuchs schnell: 1957 wurden erstmals mehr als eine Million Passagiere gezählt. Die Branche boomte. Immer mehr Flieger drängten aufs Rollfeld. Doch die parallele Konstruktion von Start- und Landebahn erwies sich als Problem. Der Abstand zwischen den Pisten war für Propellermaschinen ausgelegt, die wesentlich schmaler sind als heutige Düsenjets. Deshalb kann in Frankfurt nur versetzt gestartet und gelandet werden.
Ein Ausbau sollte Entlastung schaffen: die umstrittene Startbahn 18 West. Weil dafür ein Waldgebiet zerstört werden sollte, formierte sich schnell eine Gegenbewegung. Im Herbst 1980 errichteten die StartbahngegnerInnen ein Hüttendorf im Flörsheimer Wald – von hier gingen Demonstrationen, Kundgebungen und Gebete gegen die Startbahn aus. Im Oktober begann unter Polizeischutz die erste Rodung des Hüttendorfes. Die UmweltschützerInnen protestierten weiter, besetzten einmal sogar Flughafen und Autobahn. Am 2. November 1981 musste das Dorf abgebaut werden.
Eine Wald-Uni wurde gegründet, zum Zweck, den Kampf gegen die Startbahn auf „wissenschaftlicher Ebene“ zu unterstützen. Der Präsident der Frankfurter Universität disziplinierte Professoren, die sich engagierten. Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Begriff „Uni“ ein geschützter Begriff sei. Die Uni musste, um als Verein anerkannt zu werden, sich einen anderen Namen geben. Sie heißt heute offiziell: Verein zur Förderung von Demokratie, Frieden und Umwelt.
Die endgültige Niederlage kam am 12. April 1984, als um 9.26 Uhr der Airbus A 310 „Lüneburg“ nach Paris von der Startbahn West abhob. An den Jahrestagen der Hüttendorfräumung fanden trotzdem weiter Demos statt. Der sechste so genannte „Sonntagsspaziergang“ entwickelte sich zu einem gewalttätigen Tumult, zwei Polizisten wurden durch Schüsse getötet. Schuldig gesprochen wurde der Startbahngegner Andreas Eichler.
Heute ist der Frankfurter Flughafen der achtgrößte der Welt. Im Jahr werden hier über 40 Millionen Passagiere abgefertigt. Knapp 60.000 Menschen arbeiten auf dem 15,6 Quadratkilometer großen Gelände, das jetzt noch weiter wachsen soll. Weil die bestehenden Pisten schätzungsweise 2003 überlastet sein werden, plant die Flughafen AG eine neue Landebahn entweder im Norden oder im Süden des Airports. Ferner schielen die Betreiber auf den amerikanischen Militärflugplatz Wiesbaden-Erbenheim. Gegen den fünf Milliarden Mark teuren Ausbau hat sich ein Bündnis gebildet aus Bürgerinitativen und den Kommunen, über die die Jets hinwegdonnern würden. Falls das Land Hessen die neue Piste genehmigt, wollen die GegnerInnen klagen.
Nadine Lange
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