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Zwischen Kuhställen und Strandkörben: Die Parteien und Kandidaten der Landtagswahlen in Schleswig-Holstein

Die SPD hatte es nie leicht in Schleswig-Holstein. Fast vierzig Jahrzehnte nichts anderes als CDU-Regierungen. Aber dann beendete Uwe Barschel diese Ära in der Badewanne eines Genfer Hotels und zum ersten Mal regierte 1988 eine sozialdemokratische Regierung – bis heute.

Die absolute Mehrheit musste die seit sieben Jahren amtierende Ministerpräsidentin Heide Simonis, 59, jedoch vor vier Jahren abgeben. Seither versucht die „wilde Heide“ – die Björn Engholm beerbte, nachdem dieser über sein Wissen in der Barschelaffäre gestolpert war – gemeinsam mit den von ihr ungeliebten Grünen dem platten Land einen Strukturwandel aus High-Tech und sanftem Tourismus zu verpassen.

Zugleich soll das Beamtentum weichen und die enorme Pro-Kopf-Verschuldung (1999 fast 11.000 Mark) abgebaut werden. Wären da nur nicht diese Streitereien, die sich die Pflichtpartner Rot und Grün ausgiebig und gerne liefern: Etwa um die Erweiterung des Nationalparkes Wattenmeer oder um das Parken am Strand von Sankt-Peter-Ording.

Im Herbst noch wurde der bislang einzigen Ministerpräsidentin der Republik Amtsmüdigkeit und glanzlose Politik vorgeworfen, entsprechend mau waren die Umfragewerte. Ein paar schwarze Kassen und Rücktritte später sieht die Forschungsgruppe Wahlen die SPD wieder vorn und sagt ein Ergebnis am Sonntag von 48 Prozent voraus. Sogar zu einer Alleinregierung könnte es wieder reichen. Nach anderen Umfragen liegen die Sozialdemokraten immerhin zwischen properen 44 und 45 Prozent.

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Die CDU gilt zwischen Nord- und Ostsee mittlerweile als der treueste Wahlhelfer der SPD. Seit der Barschelaffäre gibt sie sich vor den Wahlen traditionell Blößen: Entweder sind es Affären oder blasse Anwärter auf das Amt des Ministerpräsidenten. Diesen Herbst schien die Misere im Griff: Mit dem Ex-Verteidigungsminister Volker Rühe, 57, ein Bundespromi zwischen Kuhställen und Strandkörben. Die Umfragewerte deuteten auf Sieg. Der bodenständig-bräsige Rühe, einst Lehrer in Hamburg, kam gut an.

Die Partei war euphorisiert, betrachtet sie doch das strukturkonservative Schleswig-Holstein – viele Landwirte, wenig Großstädter – als das rechtmäßig ihre. Rühe musste nur unter Beweis stellen, dass er kein durchreisender Bundespolitiker ist – was dank fleißiger Schmähungen Richtung SPD zu gelingen schien. Doch dann kam der schwarze November und drückte die Prognosen für die schleswig-holsteinische CDU auf bis zu jämmerliche 33 Prozent.

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Die Grünen waren der Shootingstar der Landtagswahl 1996: Erst gar nicht im Parlament und dann gleich mit zwei Ministern an der Regierung! Doch die satten Zeiten der acht Prozent scheinen vorbei. Umfrageinstitute sahen die Grünen des Nordens in den vergangenen Wochen regelmäßig an der Fünfprozenthürde herumhangeln – mal knapp darüber, mal knapp darunter. Mit der Pallas vor der Nordseeinsel Amrum und dem unglücklichen Krisenmanagement des grünen Realo-Umweltministers und gebürtigen Ostfriesen Rainder Steenblock, 51, gilt der Nimbus der Umweltpartei im Norden als auf Grund gelaufen. Auch das Einknicken beim Bau der Ostsee-Autobahn A 20 wird der Partei von ihren ohnehin wenigen Stammwählern nachgetragen.

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Die FDP und ihr findiger Fraktionschef Wolfgang Kubicki, 47, hatten schon genaue Vorstellungen, wie Politik im Norden auszusehen hat: Mehr Autobahnen, weniger staatseigene Betriebe, mehr Wissen für Schulabgänger, weniger Umweltauflagen. Und das Ganze mit der CDU. Bis die Umfrageergebnisse den Wunschpartner platt machten. Nun befassen sich die Liberalen mit der Frage: Wie trotzdem an die Macht kommen?

Die Lösung des scharfzüngigen Rhetorikers Kubicki ist eine altbekannte FDP-Strategie: Was interessieren mich meine Koalitionsaussagen von gestern? Verhandelt wird nach der Wahl. Eines auf jeden Fall ist sicher: Keiner profitiert von den schwarzen Kassen so sehr wie die Nord-FDP. Die Partei, die 1996 noch bei 5,7 Prozent lag, konnte laut den letzten Umfragen auf 6 bis 9,5 Prozent zulegen. Kubicki freut’s: Endlich spricht mal niemand von seiner Verwicklung in den Skandal um die Sondermülldeponie Schönberg.

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Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit, ist eine Art skandinavisches Rot-Grün. Man fördert die Windenergie, setzt sich für das Ausländerwahlrecht ein, will mit dem Nationalpark Touristen anlocken – und pflegt die eigene Klientel mit treuen Finanzforderungen. Sollte es für eine Regierungsbestätigung nicht reichen, will die Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk, 52, eine rot-grüne Minderheitsregierung dulden.

Da für den SSW keine Fünfprozentklausel gilt und er über eine erstaunlich feste Wählerschaft verfügt, gelten zwei Sitze im Kieler Parlament als sicher. Die Forschungsgruppe Wahlen prognistiziert gar ein drittes Mandat. Kommt es am Sonntag zu einem Patt zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb, darf der SSW Zünglein an der Waage spielen. Das jedoch wurde der kleinen Partei das letzte Mal übel genommen: Nach Bekanntwerden der Barschelaffäre erzwang der SSW-Abgeordnete Karl Otto Meyer Neuwahlen – und erntete dafür Morddrohungen. Uta Andresen

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