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Die Rentenkasse darf sozial sein

Karlsruhe hat keine Bedenken gegen „versicherungsfremde Leistungen“

Freiburg (taz) – Die Rentenversicherung darf auch weiterhin versicherungsfremde Leistungen finanzieren. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und lehnte damit die Klage eines Versicherten aus Nordrhein-Westfalen ab.

Der Mann hatte zuerst vor den Sozialgerichten geklagt, dass sein Beitrag an die Rentenversicherung unzulässig hoch sei. Er wollte vermeiden, dass aus der Rentenkasse Leistungen finanziert werden, denen keine entsprechenden Beiträge gegenüberstehen. Zu diesen „versicherungsfremden Leistungen“ zählen zum Beispiel Zahlungen an ehemalige DDR-Bürger, Kriegsfolge- und Wiedergutmachungslasten oder die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten. Nach Ansicht des Klägers müssten solche Leistungen aus Steuermitteln finanziert werden.

In einer Grundsatzentscheidung hatte Anfang 1999 schon das Bundessozialgericht die Klage des Mannes abgelehnt. Karlsruhe konnte nun keine „verfassungsrechtlichen Bedenken“ gegen dieses Urteil erkennen. Die Rentenversicherung funktioniere nun mal nicht wie eine private Versicherung, sondern weise immer auch Elemente des „sozialen Ausgleichs“ und der „Fürsorge“ auf. Letztlich habe der Gesetzgeber viel Spielraum bei der Gestaltung des Rentenversicherungssystems.

Im Übrigen besteht die kritisierte Schieflage heute gar nicht mehr, weil der Bund seine Zuschüsse an die Rentenversicherung stark erhöht hat. Während im Klagejahr 1994 den versicherungsfremden Leistungen in Höhe von 87 Milliarden Mark nur ein Bundeszuschuss von 59 Milliarden Mark gegenüberstand, haben sich die Zahlungen des Bundes im Jahr 2000 auf rund 105 Milliarden erhöht. Der Verband der Rentenversicherer ist deshalb mit der aktuellen Situation „sehr zufrieden“.

In die Rentenkassen fließen heute auch ein Anteil der Mehrwertsteuer, die Ökosteuer (mit steigender Tendenz) und ein besonderer Beitrag für Kindererziehungszeiten. (Az.: 1 BvR 679/98)

Christian Rath

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