piwik no script img

Ferndiagnose für Massenvernichtungsmittel

Der schwedische Diplomat Hans Blix ist neuer UN-Waffeninspekteur für den Irak

Kairo (taz) – Der erste Arbeitstag ist nie eine einfache Angelegenheit. Wenn man dann noch den Job des obersten UN-Waffeninspektors für den Irak bekommt, trifft das gleich zweimal zu. Am vergangenen Donnerstag trat der Schwede Hans Blix offiziell bei der UN zum Dienst an, und UN-Generalsekretär Kofi Annan dämpfte sofort allzu große Erwartungen: „Wir wissen alle, dass die Durchführung der UN-Resolutionen bezüglich des Irak für niemanden leicht war. Das wird auch auf Herrn Blix zutreffen“.

Die Schwierigkeiten fangen damit an, dass Blix gar nicht da ist, wo er sein sollte. Im Dezember 1998 hatten die Waffeninspektoren in Bagdad ihre Zelte abgebrochen, seitdem weigert sich die irakische Regierung, die UN-Inspektoren wieder ins Land zu lassen.

Seit die UN letzten Dezember eine neue Irak-Resolution erlassen hat, in der sie den Waffeninspektoren einen neuen Namen und ein leicht verändertes Mandat zuwies, sendet Bagdad unterschiedliche Signale. Iraks Vizepräsident Taha Jassin Ramadan lehnt jegliche Zusammenarbeit mit den Inspektoren ab, während der Vizepremierminister Tarik Asis unlängst andeutete, sich eine Kooperation unter bestimmten Umständen vorstellen zu können. Am Dienstag drohte Richard Hoolbrooke im US-Außenminsterium Irak, die Sanktionen zu verschärfen, wenn Bagdad sich weiterhin weigere, Waffeninspektionen zuzulassen. Das erscheint als eine leere Drohung, da eine solche Maßnahme im UN-Sicherheitsrat derzeit keine Mehrheit finden würde. So kann Blix die irakischen Waffen derzeit wenn überhaupt nur aus der Ferne inspizieren. Der 71-Jährige muss sich nun an seinem provisorischen Arbeitsplatz, dem UN-Hauptquartier in New York, ein neues Team zusammensuchen und einen Arbeitsplan erstellen. Von beiden Vorhaben ist fraglich, ob sie jemals relevant sein werden. Unterdessen bleiben die UN-Sanktionen in Kraft – mit verheerenden Auswirkungen auf die Menschen im Irak. Laut einem jetzt vom Internationalen Roten Kreuz veröffentlichten Bericht bedroht „die Knappheit an Nahrungsmitteln, Medizin und sauberem Trinkwasser das Überleben der irakischen Bevölkerung“. Nach einem Jahrzehnt Sanktionen sei das Gesundheitswesen völlig zusammengebrochen, heißt es weiter. Mitarbeiter des Roten Kreuzes haben im letzten Jahr eine Bestandsaufnahme mehrerer Krankenhäuser unternommen.

Ihre Ergebnisse sind schockierend. Ohne Wasser und Desinfektionsmittel seien dort die grundsätzlichsten hygienischen Standards nicht mehr zu halten. Iraks Gesundheitssystem gehörte vor dem zweiten Golfkrieg und den Sanktionen gegen das Land zu den bestentwickelsten im Nahen Osten. Karim El-Gawhary

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen