: Ein großer Schritt auf der Stelle
Nach xx Monaten hat der Elbtunnelbohrer „Trude“ das Tageslicht erreicht ■ Von Gernot Knödler
Es war ein kleiner Schritt für Gert Wittneben, und Hamburg trat auf der Stelle – verkehrspolitisch. Dem Bauleiter der Arbeitsgemeinschaft Vierte Röhre Elbtunnel ist gestern die Ehre zuteil geworden, als erster Mensch durch die neue Tunnelröhre zu schlüpfen: Der Bohrer „Trude“ erblickte nach zweieinhalb Jahren und 2561 Metern unter der Elbe in Othmarschen wieder das Tageslicht. Mitte 2002 sollen die ersten Autos durch die Röhre rollen. Doch dass damit das Stauproblem auch nur auf mittlere Sicht gelöst wäre, behauptet im Ernst keiner. Bei der gestrigen Feier focht das niemanden an.
Schon vor ein paar Tagen hatte Trudes Schneidrad den senkrechten, 25 Meter Durchmesser großen Zielschacht an der Bernadottestraße erreicht. Gestern stand es bis zur Nabe im Grundwasser am Schachtboden. Niedliche Kinderchen holten Wittneben per Floß vom Kopf des Bohrers ab. Der Bauleiter benutzte eine Tür im oberen Teil des Bohrers, durch die er tief unter der Elbe schon unzählige Male ausgestiegen war, um das Schneidrad zu reparieren oder die stark beanspruchten Werkzeuge auszutauschen. Dabei war mit hohem Druck Luft zwischen den Bohrkopf und die Erde vor dem Bohrer gedrückt worden, so dass die Wand vor dem Bohrer stabil blieb und Wittneben mit seinen Kollegen in einem 80-Zentimeter-Spalt werkeln konnte.
„25- bis 30mal“, erzählte der Bauleiter, hätten sie die Arbeit abbrechen müssen, weil die Luft durchs Erdreich in die Elbe entwich. Zweimal kam es sogar zu einem Wassereinbruch. Kritische Situationen erkannten die Arbeiter daran, dass die Wand vor ihnen brüchig wurde. „Da muss man nicht rennen“, beschwichtigte Wittneben, „man muss nur rausgehen“. Richtig gefährlich sei es nie geworden.
An den beiden Enden der Röhre werden nun noch weitere 535 Meter Tunnel offen hinzugebaut. Auch drei Fluchtwege zur Weströhre des alten Tunnels müssen noch gebohrt werden. Wittneben hat weiter gut zu tun. Kosten des ganzen Projektes: rund eine Milliarde Mark, plus 700 Millionen für die Zinsen, die der Bund in 15 Jahren zahlt.
Und wofür die ganze Mühe? „Mit der vierten Elbtunnelröhre wird es so sein wie mit den anderen drei Röhren“, kommentierte der Regenbogen gestern Trudes Ankunft. „Nach einigen Jahren wird auch sie voll sein und die Forderung nach der fünften, sechsten, usw. Röhre wird kommen.“ In der Tat fahren durch die existierenden drei Röhren heute doppelt so viele Wagen wie ursprünglich geplant. Das leistungsfähigere Tunnelensemble wird mehr Verkehr als bisher auf sich ziehen und damit Staus an anderen Stellen der A7 erzeugen. Nicht umsonst mahnte Bürgermeister Ortwin Runde in seiner gestrigen Rede zum x-ten Mal eine weitere feste Elbquerung an.
„In der hamburgischen und in der bundesdeutsche Verkehrspolitik muss endlich umgesteuert werden“, verlangt dagegen der Regenbogen. Die alternativen Verkehrsverbände ADFC und VCD, der Umweltverband BUND, die Eisenbahnergewerkschaft und der Arbeitskreis Verkehr der Hamburger SPD haben zuletzt im vergangenen Mai einen zweigleisigen Eisenbahn-Elbtunnel von Altona nach Waltershof gefordert. Die vierte Elbtunnelröhre hätte auch für die Bahn gebaut werden können.
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