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Neuer Anlauf für die Länderehe

■ Berliner Senat und Brandenburger Kabinett beraten am Montag über den zweiten Versuch einer Länderfusion. PDS fordert breite Debatte über Vor- und Nachteile der Fusion

Bei der gemeinsamen Sitzung des Berliner Senats und des Brandenburger Kabinetts wird es am Montagabend auch um einen erneuten Anlauf zu einer Länderfusion gehen. Der Anstoß, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen, kommt aus Brandenburg. Dort war die Länderehe bei der Volksabstimmung am 5. Mai 1996 gescheitert. Wie aus einem Brandenburger Kabinettsbeschluss vom 9. Februar 2000 hervorgeht, soll diesmal die „Aufklärungsarbeit über die Vorteile eines gemeinsamen Landes“ groß geschrieben werden, „ohne die Risiken einer Fusion zu verharmlosen“. Auch bei der Zeitplanung will man die Stimmung in der Bevölkerung berücksichtigen.

Der Vorschlag der Brandenburger und Berliner PDS, dass eine gemeinsame Enquetekommission die Vorteile und Nachteile der Fusion erarbeiten soll, stößt überwiegend auf positive Resonanz. Der Berliner SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit drückt sogar mächtig aufs Tempo: Noch vor der Sommerpause sollten beide Parlamente die Einsetzung der Kommission beschließen. Ihr könnten je zehn Abgeordnete beider Parlamente sowie zehn Experten angehören.

Die öffentliche Debatte über die Fusion ist derzeit allerdings vor allem von der Frage des Zeitpunktes bestimmt. Der Brandenburger Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) will schon 2004 einen erneuten Volksentscheid wagen, der Brandenburger SPD-Chef Steffen Reiche favorisiert das Jahr 2007. Mit einem dritten Vorschlag wartet der Berliner SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit auf: Der Volksentscheid soll 2004 zeitgleich mit den Landtagswahlen in beiden Ländern erfolgen, die eigentliche Fusion aber erst 2009 vollzogen werden.

Die PDS hält die Debatte um den Fusionszeitpunkt für „schädlich“, weil sie vom wesentlichen ablenke, kritisiert der Brandenburger PDS-Sprecher Klaus-Peter Krüger. „Die Leute wollen wissen, was verbessert sich ganz konkret für sie“, so Krüger. „Wir brauchen überzeugende Argumente. Wenn wir die Bevölkerung nicht mit ins Boot holen, wird das wieder ein Flop.“

Die PDS hat in beiden Ländern einen bemerkenswerten Sinneswandel vollzogen. „Wir waren damals nicht gegen die Fusion, sondern gegen den Fusionsvertrag, den die Länderregierungen ausgehandelt hatten“, betont Krüger.

Inzwischen überwiegen bei der PDS offenbar die Hoffnungen, die in eine Fusion gesetzt werden. „Wir sehen doch, dass die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs keinen Anlass zu Jubelstürmen gibt“, nennt Krüger einen Grund für das Umdenken in der PDS. Und so manche Befürchtungen von damals sind auch ohne die Fusion eingetreten: Viele kulturelle Einrichtungen in Brandenburg mussten schließen.

Die Begründung lautete häufig, es mache keinen Sinn, Berlin in Sachen Hochkultur Konkurrenz zu machen. Opern werden nur noch am Cottbusser Schauspielhaus aufgeführt, der Potsdamer Opernfan muss nach Berlin fahren.

Und auch die Zusammenarbeit zwischen den beiden Landesregierungen gestaltet sich nicht reibungslos, wie das Brandenburger Kabinett feststellte. Daher soll am Montag auch über eine engere Kooperation beraten werden.

Dorothee Winden

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