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Die Zeit rast in der Höge

■ Fünf Jahre nach seiner Gründung steht der Künstlerinnenhof „Die Höge“ bei Bremen heute auf ziemlich festen Füßen: Bald kommen die ersten Stipendiatinnen

„Darüber haben wir schon genügend berichtet.“ Dieses Argument von Journalistinnen entkräftet der Künstlerinnenhof „Die Höge“ bei Bassum täglich neu. Dort gehen die Uhren schneller. Ein Vorhaben jagt das nächste. Dabei hat der Künstlerinnenhof eine Geschichte, die wie ein Märchen klingt.

Als die Grundschullehrerin, Tänzerin und Tanzpädagogin Barbara Reinhart vor einigen Jahren Geld erbte, machte sie zusammen mit der Ärztin und Performancekünstlerin Barbara Baum einen Traum wahr. Nach einjähriger Suche kaufte die 44-Jährige ein altes Gehöft südlich von Bremen, um hier ein interdisziplinäres Zentrum für jährlich bis zu zwanzig Künstlerinnen aller Sparten aufzubauen: Von individuellen Konzerten und Ausstellungen über künstlerische Arbeitswochen von Gruppen bis zu mehrmonatigen Studienaufenthalten Einzelner sollte hier alles möglich sein – ein bundesweit einmaliges Projekt exklusiv für Frauen.

Schon mehrmals haben Künstlerinnen aller Sparten im Sommer gemeinsam ausgestellt. Vorangegangen sind immer Wochen gemeinsamer Arbeit. Für die gibt es inzwischen allerlei feine Grundlagen: einen Medienraum mit Videoschnittplatz, Studios, einen Theaterraum mit Flügel, eine 300 Quadratmeter große Scheune und vieles mehr. Ein Riesenunternehmen.

Wer wagt sowas in diesen Zeiten? „Natürlich ist es die falsche Zeit, um Sponsoren für ein Kulturprojekt zu gewinnen. Aber das kann doch nicht heißen, dass ich es gar nicht erst versuche“, sagte Barbara Reinhart schon vor drei Jahren. Und: „Ich bin doch nicht die Einzige, die erbt. In meiner Generation gibt es viele, die vom Geschaffe ihrer Eltern profitieren und mit dem Geld was Sinnvolles anfangen wollen.“ Sie hat ihre eigenen künstlerischen Ideen erst einmal zurückgestellt – zugunsten ihres erfolgreichen Kulturmanagements.

Seit letztem Jahr liegt eine weitere wichtige Etappe hinter ihr. Die neuen Appartements, in denen die Stipendiatinnen in und über den ehemaligen Ställen leben, sind ausgebaut. Und: Eine Stiftung für drei- bis neunmonatige Arbeits- und Forschungsaufenthalte von Künstlerinnen wurde gegründet. „Artist-in-residence“ heißt das Programm, das getreu den Grundsätzen der Höge vor allem die Interdisziplinarität pflegt: Experimentelle, innovative und multimediale Ansätze sollen gefördert werden– aus allen Sparten und Ländern.

Wer kommen darf, bestimmt eine Jury. Deren Mitglieder sind die koreanische Komponistin Younghi Pagh-Paan (Bremen), die Leiterin des Institutes für Gegenwartskunst in Wien, Uta Meta Bauer und Christine Peters, die Leiterin des Künstlerhauses Mousonturm in Frankfurt. Ein Novum im Vergleich zu den meisten anderen Förderprogrammen ist, dass Alter bei der Bewerbung keine Rolle spielt – was für viele Frauen mit „Zick-Zack-Biographien“ unbezahlbaren Wert hat. 21 Künstlerinnen sind bislang für die Stipendien ausgewählt. Ihre Namen werden noch bis Mai geheim gehalten.

Das Stipendium von rund 2.000 Mark stammt aus dem Stiftungsfonds mit bislang 310.000 Mark Einlagekapital. Wer es annimmt, hat im Gegenzug Residenzpflicht – aber keinen Produktionszwang. Am Ende des Aufenthalts muss kein Arbeitsergebnis stehen. „Es soll ein innerlich absolut freier Arbeitsraum sein“, sagt Barbara Reinhart. Ute Schalz-Laurenze

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