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Studiengebühren vor der Tür

Jetzt diskutieren auch Hochschulrektoren ein Modell, mit dem über zwei Drittel der Studierenden zur Kasse gebeten werden können. Neue Begründung fürs Bezahlstudium: Familienentlastung schafft Spielraum für Studiengebühren. Bulmahn droht

von CHRISTIAN FÜLLER

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis in Deutschland für das Studium bezahlt werden muss. Die bislang zurückhaltende Hochschulrektorenkonferenz hat jetzt Arbeitsgruppen eingerichtet, die die Möglichkeit von Studiengebühren durchspielen sollen. Die Versammlung der deutschen Uni-Chefs spricht über ein Modell, bei dem mehr als zwei Drittel der 1,8 Millionen Studierenden zur Kasse gebeten würden.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) hat sich gegenüber der taz negativ zu den Planspielen geäußert und zum wiederholten Male damit gedroht, sie werde Gebühren notfalls durch ein Rahmengesetz untersagen (siehe Interview). Der Präsident der Rektorenkonferenz, Klaus Landfried, äußerte sich deutlich zurückhaltender. Er halte „eine öffentliche Debatte über Studiengebühren zum derzeitigen Zeitpunkt für unklug“. Weder das Präsidium der Rektorenkonferenz noch das Plenum hätten bislang über das Gebührenmodell gesprochen. Dennoch steht die Einführung von Studiengebühren offenbar vor der Tür. Das Jahrzehnte lang als Bollwerk gegen kostenpflichtige Seminare agierende Nordrhein-Westfalen hält sich auffallend zurück. Und das als verkapptes Gebührenverbot interpretierte Modell von Bildungsgutscheinen aus dem SPD-regierten Rheinland-Pfalz gilt vielen in Wahrheit als Einstieg ins bezahlte Studium. Sind die Gutscheine, mit denen Studierende eine bestimmte Zahl von Seminaren „bezahlen“ können, erst einmal als Modell eingeführt, braucht man nur ihre Zahl oder ihre Ausgabemodalitäten ändern – schon sind die Gebühren da.

So hat sich denn auch eine Mehrheit von Rektoren der Arbeitsgruppe dafür ausgesprochen, das Modell von Bildungsgutscheinen mit einer saftigen Zuzahlung von Kindern aus besser verdienenden Elternhäusern zu kombinieren. Summen wurden, wie üblich, nicht genannt. Sie dürften aber im Rahmen von 500 bis 1.000 Mark pro Student und Jahr liegen. Die Gebührenfans unter den Hochschulrektoren haben auch eine neue Begründung für das Bezahlstudium entdeckt: Die Familien hätten durch steuerliche Entlastungen und das zu Jahresanfang erhöhte Kindergeld ein größeren finanziellen Spielraum – sie könnten also fürs Studieren zahlen.

Der Studentenverband fzs kommentierte verbittert, die Rektoren seien drauf und dran, das öffentliche Gut Bildung zu privatisieren.

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