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Ergo bibamus

Lajos Maisch sammelt nicht nur Bierflaschen. Aber die stellt er im Altonaer Museum aus  ■ Von Sebastian Leber

Es ist nicht der typische Museumsgegenstand, der zur Zeit in Altona zu sehen ist: In zwei gläsernen Vitrinen glänzen gut sortiert und sorgsam aufgereiht rund 200 formvollendete Bierflaschen. Es handelt sich um Zeugnisse aus längst vergangenen Hamburger TrinkerInnen-Zeiten, manche stammen gar aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der Museumsdirektor zeigt sich begeistert, und Karsten Marquardt, der als „bekanntester Bierflaschen-Kenner Deutschlands“ vorgestellt wird, lobt die Ausstellung als „kulturhistorisch hochinteressant“.

Dabei hatte doch alles so harmlos angefangen: Als junger Mann entdeckte Lajos Maisch aus Rellingen bei der Gartenarbeit eine seltsam etikettierte Bierflasche. Maisch fing an zu forschen und fand heraus: die Flasche stammte aus der Bismarck-Zeit. Die ungewöhnliche Entdeckung geriet für ihn offenbar zum Schlüsselerlebnis, denn fortan sammelte er von Tagebüchern bis zu Ochsenpflügen alles, was er zu fassen bekam. Heute ist Maisch 67 Jahre alt, und Dachboden, Keller und Garage seines Hauses sind bis zur Decke mit Gerümpel zugestellt. Besonders alte Bierflaschen haben es dem Rentner angetan, mehrere hundert Stück stapeln sich inzwischen in den Regalen. Derweil zeigt sich Maisch einsichtig, nennt sich „positiv verrückt“ und hat die Sammelleidenschaft auf ein Minmum reduziert.

Das Altonaer Museum darf nun erstmalig 200 „Prachtexemplare“ aus der erlesenen Privatsammlung ausstellen. Die ausgewählten Flaschen unterscheiden sich in Form und Farbe und decken das gesamte Spektrum aller Hamburger Brauereien in der Zeit zwischen 1880 und 1950 ab. Dabei kann der geübte Fachmann feinste Unterschiede zwischen den einzelnen Exponaten ausmachen: Zustand und Beschaffenheit der Flaschen erlauben erstaunlich zuverlässige Rückschlüsse auf Herkunft und Entstehungszeit des Behältnisses. Selbst der Ort, an dem die Flasche einst entsorgt wurde und dann die folgenden Jahrzehnte unbeschadet überdauerte, kann heute exakt bestimmt werden.

Ungeübten LaiInnen bleiben solche Geheimnisse verborgen. Wer sich trotzdem die Ausstellung ansehen möchte, kann das noch bis zum 9. April im Altonaer Museum an der Museumsstraße tun.

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