piwik no script img

Dürers betende Gummihandschuhe in fünf Minuten

■ In einer neuen Karoviertel-Galerie zeigt Jakobus Siebels („Ja König Ja“) ab heute leicht verständliche Kunst

„Hinterconti“ nennt sich eine Anfang des Jahres gegründete Galerie im Karolinenviertel, in der ein mittlerweile auf elf Leute angewachsenes „Mini-Kollektiv“ Ausstellungen und Konzerte organisiert. Vom umtriebigen Plattenladen „Reis“ präsentiert, ist dort ab heute die Schau In Plastik des Hamburger Malers und Musikers Jakobus Siebels (Ja König Ja) zu sehen. Nachdem er in den vergangenen Jahren zumeist mit konventionellen Materialien operierte, aber gerne auch mal (gemalte) Tiere hinter Kühlschrankgitter sperrte, hat der „Hausmeister der Hamburger Schule“ sein Interesse für PVC entdeckt und tausend Töpfe bei Max Bahr gekauft: Popfolien, Gefrierbeutel, Müllsäcke, Einkaufstüten, Schaumstoffe und Verpackungsmüll bearbeitet er mit Heißkleber, Fön und Tacker.

Erst zwei Tage vor der Vernissage hat Siebels die Exponate in Angriff genommen, die Themen entwickeln sich zufällig und nebenbei: Arbeit und Industrie. Die handwerkliche Reproduzierbarkeit von Artefakten soll auch eine Rolle spielen: So hat er zum Beispiel „Dürers betende Gummihandschuhe“ gleich in fünffacher Ausführung hergestellt. „Gefällige, leicht verständliche Kunst“ möchte Siebels produzieren, der man die Kürze des Schaffensprozess allerdings nicht anmerken soll. Gegen die Bezeichnung „Trash“ wehrt er sich, wenn auch mal mehr, mal weniger entschieden. Dass etwas „schnell gemacht“ sei, bedeute nicht, dass es nicht „gut“ werden könne. Qualität in fünf Minuten, darum gehe es.

Dieses Credo gilt auch für die beiden darauffolgenden Tage: Am Freitag findet am selben Ort ab 22 Uhr ein Konzert statt mit der soeben gegründeten Gruppe Bewegung seit 9. Merz, bestehend aus eben Jakobus Siebels, rossi 25, DJ com.mit.mir. 606 und MS 10. Klarinette und Posaune werden ausgepackt, gespielt und wieder eingepackt. Angestrebt ist: Das Publikum flippt aus, die Band löst sich auf, und alle verschwinden in der Versenkung. Samstag Abend ab 22 Uhr laden Siebels und rossi 25 dann zum „Dance-Off“. In Aldi-Nord- und Aldi-Süd-Tüten gekleidet, wollen sie dem Publikum beibringen, wie man nach hinten umfällt, ohne sich weh zu tun. Klingt nach Kampfsport, mit etwas Wohlwollen zumindest, soll aber eher ein Tanzkurs werden. Mehr steht noch nicht fest. Der Zeitdruck ist zur Stunde noch zu gering. Meike Fries

heute ab 20 Uhr (mit Wassereisempfang), morgen ab 22 Uhr, Sonnabend und Sonntag ab 16 Uhr, Galerie Hinterconti, Marktstraße 40a

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen