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Vom Vater freigesungen

■ Die Kanadierin Martha Wainwright tritt im Rahmen des „wo-men in (e)motion“ festivals in Bremen auf. Die taz sprach mit ihr

Martha Wainwright muss sich durch ein lebenslanges „Drama der begabten Eltern“ schlagen. Ihr Vater ist der hochgerühmte Sänger und Songwriter Loudon Wainwright III (der vor kurzem auch im Moments auftrat) und ihre Mutter die in der amerikanischen Folkszene ähnlich bekannte Kate McGarrigle. Trotzdem hat die Tochter nichts Besseres im Sinn, als auch zur Gitarre zu greifen, Lieder zu komponieren und zu singen. Die 23-Jährigen steht noch am Anfang ihrer Karriere, aber schon lobt ein Kritiker „ihre klassisch-elegante Stimme, zudem hat sie die Eine-Tasse-Tee-an-einem-herbstlichen-Morgen-Poesie ihrer Mutter und ihres Vaters Sinn für kunstvolle Selbstbekenntnisse geerbt.“

taz: Mrs. Wainwright, neben ihren Eltern ist auch ihr Bruder als Sänger/Songwriter erfolgreich, und in ihrer Band spielt eine Ihrer Kusinen mit. Wie ist es, wenn man Musik als Familienbetrieb produziert?

Martha Wainwright: Ich habe gerade erfahren, dass mein Vater hier in Bremen 1976 zum ersten Mal aufgetreten ist, und das war das Jahr, in dem ich geboren wurde. Das ist schon ein sehr komisches Gefühl – fast als würde ein Kreis geschlossen. Es ist natürlich leichter, professionell Musik zu machen, wenn man von klein auf weiß, was alles dazugehört: die Gefahren, die Chancen, wieviel harte Arbeit dafür nötig ist, das Leben hinter der Bühne, das Reisen, die Hotels – all das ist Wissen, das ich wie mit der Muttermilch eingesaugt habe.

Ihr Vater ist ja auch berühmt/berüchtigt dafür, dass er gerne seine Familienprobleme in Songs verarbeitet. Machen Sie jetzt zum Teil nicht die Konter-Lieder dazu?

Es gibt das Lied „Father-Daughter-Dialog“ von ihm, das er nach einem Streit zwischen uns beiden geschrieben hat, und das ich auch für die CD mit ihm zusammen gesungen habe. Das war 5 Jahre, bevor ich eigene Songs geschrieben haben, damals war ich 15 und das war die Zeit, in der ich ihn am meisten gehasst habe. Ich fand es unfair, dass er auf die Bühne ging, allen Leuten von unseren ganz persöhnlichen Geschichte erzählte, und dabei auch noch als der Gute dastand, der darüber so sensible Lieder machte. Die ersten drei Songs, die ich selber schrieb, waren meine Rache: Ich wollte, dass die Leute auch hörten, was ich zu dieser Familie zu sagen hatte, in der ja jeder andere auch darüber sang. Aber das habe ich dann damit auch schnell aus meinem System herausbekommen, und jetzt denke ich, das mein eigenes Leben, ohne die Familie auch interessant und kompliziert genug ist, um Lieder darüber zu schreiben.

Stilistisch ist von dieser Rebellion aber nichts zu merken: Da gibt es keinen grundsätzlichen Bruch zwischen ihrer eigenen Musik und der ihrer Eltern.

Das stimmt, ich bin nicht hingeggangen, und haben eine Punk-Rock-Band gegründet. Im Grunde gab es auch in meiner Kindheit nichts, wogegen es sich gelohnt hätte, zu rebellieren, und die Musik von meinen Eltern habe ich immer sehr gemocht. Aber das heißt nicht, dass ich mich nicht davon wegbewegen werde. Meine Musik wird jetzt schon immer rockiger. Aber das entwickelt sich eher unbewusst. Ich nehme mir nicht vor, jetzt moderner, jünger und freier zu spielen. Das passiert einfach.

Macht es nicht auch Angst, immer mit dem Rest der Familie verglichen zu werden?

Angst nicht, aber es ist schwer, den Schubladen zu entrinnen: Ich bin die singende Tochter, die Folkmusikerin, die Kanadierin, die Singer/Songwriterin...

Bei „women in (e)motion“ werden Sie ja auch in die „female Artist“-Ecke gesetzt. Vielleicht ist es Ihre Chance, in soviel Schubladen wie nur möglich zu passen.

Ja, und in einer wird es dann schon klappen! Aber „women in (e)motion“ finde ich eigentlich ganz schön. Es ist anders als alle anderen Festivals, auf denen ich bisher aufgetreten bin. Und ich spielte in und um Bremen an drei Abenden hintereinander auf verschiedenen Bühnen. Das scheint mir so, als hätte der Bürgermeister mir den Auftrag gegeben, diese Stadt für eine halbe Woche ganz offiziell zu unterhalten. Für mich ist das ein bezaubender Gedanke.

Das Gespräch führte Wilfried Hippen

Martha Wainwright tritt heute abend um 20 Uhr im Rathaus Stuhr und morgen abend um die gleiche Zeit im Moments auf

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