: Bleiberecht nach Spät-Adoption
■ Adoptierter Äthiopier darf bei seiner Mutter-Tante bleiben / Gericht erkannte keine typische „Erwachsenenadoption“
Ein 21-jährige Bremer Äthiopier hat gegen die Stadt gewonnen. Er darf jetzt bei seinen Adoptiveltern in der Hansestadt bleiben. Das Bremer Verwaltungsgericht gab damit einer Klage des Azubis statt. Zur Begründung hieß es, der junge Mann lebe mit seinen ebenfalls aus Äthiopien stammenden Verwandten deutscher Staatsbürgerschaft in einer familiären Beistandsgemeinschaft. Diese sei nach Artikel sechs des Grundgesetzes wie eine Familie geschützt.
Das unterlegene Ausländeramt dagegen wollte den jungen Mann zur Ausreise nach Äthiopien zwingen. Von dort war er als Elfjähriger zur in Bremen lebenden Tante geflüchtet und hier mit deren Kindern gemeinsam aufgewachsen. Seine Adoption gelang der Familie erst, nachdem der Neffe volljährig wurde. Weil seine Mutter im Bürgerkriegsgebiet als verschollen galt, konnten ihre für eine Adoption notwendige Zustimmung oder ein Ersatzdokument vorher nicht beschafft werden. Erst mit dem 18. Geburtstag des Jungen entfielen diese Adoptionshindernisse.
Auf diese Tatsache der späten Adoption hatte die Ausländerbehörde sich bezogen, nachdem Gerichte in früheren Verfahren – mit oftmals eigens eingereisten Personen – diesen ein Bleiberecht verweigert hatten. Häufige Begründung: Diese sogenannten „Erwachsenenadoptionen“ beruhten nicht auf einem gemeinsamen Leben und gegenseitiger Hilfe. Die vierte Kammer des Bremer Verwaltungsgerichts dagegen deutete schon während der Gerichtsverhandlung an, dass der aktuelle Bremer Fall anders gelagert sei. Hier seien Onkel und Tante stets an Eltern Statt aufgetreten. Auch sei der Adoptivsohn noch in der Lehre. Aus Sicht des Gerichtes handelt es sich hier angesichts der familiären Verhältnisse allerdings um einen Einzelfall.
Auch das deckt sich nicht mit den Ansichten der Bremer Ausländerbehörde. „Wir fürchten, dass es zu zahlreichen ähnlichen Fällen kommen wird“, sagte die Vertreterin der Ausländerbehörde. Diese kann gegen das Urteil, das als Aufenthaltsstatus für den Kläger nur eine Aufenthaltsbefugnis vorsieht, noch Berufung einlegen. Der Anwalt der Familie, Günther Werner, äußerte sich unterdessen befriedigt über die Entscheidung des Gerichts. Er habe versucht, diesen Fall außergerichtlich zu klären, bedauerte er die „rigorose Haltung“ der Ausländerbehörde gegenüber dem Schicksal seines Mandanten. ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen