Autobahnen für die Wissenschaft

■ Bau der A 20 beschert Lübecker Archäologen über 10.000 steinzeitliche Fundstücke

Von dem umstrittenen Bau der Ostseeautobahn A 20 profitiert neben den AutofahrerInnen noch eine andere Berufsgruppe: die Archäologen. Ihnen haben die Bauarbeiten bereits mehr als 10.000 Fundstücke aus Stein-, Bronze- und Eisenzeit beschert. „Uns hat überrascht, dass wir im Trassenverlauf gleich mehrere Siedlungen erfasst haben“, sagt der Leiter des Bereiches Archäologie der Hansestadt Lübeck, Manfred Gläser. Gab es also in der Steinzeit schon eine Ostseeautobahn?

Seit Oktober 1998 untersuchen zwölf Archäologen, Grabungstechniker und Zeichner den ersten, rund vier Kilometer langen und 80 Meter breiten Bauabschnitt der A 20 auf Lübecker Stadtgebiet. Zu ihren Funden zählten unter anderem Steinbeile, Schaber und Klingen aus der Mittleren Steinzeit, Keramik und Steinwerkzeuge aus der Jungsteinzeit, sowie Spuren von Siedlungen aus der Bronze- und Eisenzeit. Diese Funde belegen, dass die Niederungen der Flüsse Trave und Stecknitz im Raum Lübeck seit etwa 14.000 Jahren besiedelt werden.

Lübeck gilt wegen seiner vielen Funde im Bereich der Altstadtinsel unter Fachleuten als bedeutendste Grabungsstätte des Ostseeraumes für die Zeit des Mittelalters. Die Grabungen auf der Trasse der A 20 haben ihre Grundlage im schleswig-holsteinischen Denkmalschutzgesetz und dienen dazu, archäologische Funde vor der Zerstörung durch den Autobahnbau zu retten. Auch für den zweiten Bauabschnitt sind Grabungen geplant, da die Archäologen hier ähnlich viele Funde vermuten.

Die Stücke sollen irgendwann einmal der Öffentlichkeit in einer eigenen Ausstellung präsentiert werden, sagt Lübecks Kultursenator Ulrich Meyenborg (SPD). Vielleicht könne man nach Fertigstellung der Autobahn auch einige Stücke an einer Raststätte oder Tankstelle zeigen: „Unsere dänischen Nachbarn machen uns das vor.“ lno