: Anwalt von Pakistans gestürztem Premier ermordet
Noch kein Hinweis auf die Hintergründe oder einen möglichen Zusammenhang mit dem zu Ende gehenden Prozess gegen Ex-Premier Sharif
KARACHI ap/rtr/taz ■ Wenige Tage vor den Schlussplädoyers im Prozess gegen den durch einen Putsch gestürzten pakistanischen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif ist gestern einer seiner Anwälte erschossen worden. Nach Zeugenaussagen stürmten drei mit Pistolen und Kalaschnikows bewaffnete und maskierte Männer in die Kanzlei von Iqbal Raad und erschossen den Anwalt und zwei Klienten. Ein vierter Bewaffneter habe während des Überfalls vor dem Anwaltsbüro im Geschäftsviertel der Hafenstadt Wache gestanden. Anschließend entkamen die Täter unerkannt. Die Polizei teilte mit, sie habe keine Hinweise auf Tatverdächtige. Ein Polizeisprecher sagte, es werde ein terroristischer Hintergrund des Verbrechens ebenso geprüft wie die Möglichkeit einer persönlichen Fehde. Es ist unklar, ob ein Zusammenhang zwischen dem Mordanschlag und dem gegenwärtigen Verfahren gegen Sharif besteht. Der Präsident der Anwaltskammer in Karachi, Abul Inam, verurteilte die Morde als barbarischen Akt und nannte sie ein Beispiel für die Ineffektivität der inneren Sicherheit.
Raad war einer von zwölf Anwälten Sharifs. Während dessen Regierungszeit war er Generalstaatsanwalt der Provinz Sindh, in der Karachi liegt. Raad war auch Rechtsberater von Sharifs Muslim-Liga, die mit dem Premier am 12. Oktober durch einen Militärputsch entmachtet wurde.
Am Montag werden die Schlussplädoyers im Prozess gegen Sharif erwartet. Ihm wird Flugzeugentführung, Terrorismus und versuchter Mord vorgeworfen, was er bestreitet. Der jetzige Machthaber, General Pervez Musharaf, wirft Sharif vor, seinem Flugzeug mit 200 Menschen an Bord trotz Treibstoffmangels die Landung verweigert zu haben. Dies habe ihn zum Putsch veranlasst. Kurz zuvor war er von Sharif entlassen worden.
Der General und der Premier hatten sich über die Kaschmirpolitik zerstritten. Musharaf gilt als Drahtzieher des letztjährigen Feldzugs im indischen Teil Kaschmirs. Sharif hatte mit einem Rückzugsbefehl den Konflikt auf Druck aus USA und gegen den Willen Musharafs beendet. Erst diese Woche hatte US-Präsident Bill Clinton zugesagt, seinen für die zweite Monatshälfte geplanten Besuch in Indien auch mit einem Kurzbesuch in Pakistan zu verbinden. Dies wurde als Aufwertung der Militärregierung kritisiert. HAN
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen