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Glanzvoller Kampf der Moral

Ein UNO-Bericht enthüllt, dass der angolanische Bürgerkrieg immer noch mit illegalem Diamantenhandel finanziert wird. Der größte Diamantenförderer der Welt fordert jetzt gemeinsam mit der UN moralische Standards für den Diamantenhandel. Denn damit lassen sich auch Konkurrenten verdrängen

aus AntwerpenFRANÇOIS MISSER

Antwerpen, die Welthauptstadt des Diamantenhandels, ist in Aufruhr. Der jetzt bekannt gewordene Untersuchungsbericht des UN-Sanktionskomitees zu Angola kritisiert unter anderem die belgischen Zollkontrollen gegenüber illegal exportierten Diamanten der angolanischen Rebellenbewegung Unita als unzureichend. Schon vorab hat die belgische Regierung schärfere Kontrollen zugesagt und versprochen, UN-Beobachter in den „Hohen Diamantenrat“ zu lassen, das Regulierungsorgan des Antwerpener Diamantenhandels.

Aber Belgiens Außenminister Louis Michel ist gleichzeitig verärgert über die seiner Ansicht nach systematische Kampagne gewisser Nichtregierungsorganisationen (NOGs). „Die Kontrollen in Antwerpen sind so gewissenhaft wie sonst fast nirgendwo“, sagte er bereits im Januar. „Wenn manche Diamanten eines dubiosen Ursprungs sind, muss man das korrigieren. Aber es kommt nicht in Frage, einer Art moralischem Terrorismus nachzugeben.“

Die UN-Untersuchung folgte einem Ende 1998 vorgelegten Bericht der britischen Nichtregierungsorganisation „Global Witness“ zum Diamantenhandel der angolanischen Unita-Rebellen, der laut Resolutionen des UN-Sicherheitsrats verboten ist. Der Bericht warf dem südafrikanischen Bergbaukonzern De Beers, wichtigster Diamantenförderer der Welt, vor, Unita-Diamanten zu kaufen, die dann in Antwerpen in den regulären Handel kämen. Damit würde Angolas Bürgerkrieg finanziert.

Während die UNO daraufhin ihre Untersuchungen aufnahm, reagierte De Beers mit einer Flucht nach vorn. Am 5. Oktober 1999 verkündete die Firma, sie werde jetzt aus Angola nur noch offiziell deklarierte Diamanten des Joint Ventures zwischen Angolas Staatsfirma Endiama und der australischen Ashton Mining kaufen. Und ab 27. März wird De Beers Handelsorganisation „Diamond Trading Company“ auf ihren Rechnungen garantieren, dass ihre Diamanten nicht aus afrikanischen Rebellengebieten kommen. So werden De Beers’ Edelsteine „rebellenfrei“ und „politisch korrekt“.

Diese „ethische Bergbaupolitik“ bedeutet einen Strategiewandel. De Beers versucht nicht mehr den Markt durch Ankauf aller angebotenen Diamanten zu beherrschen. Stattdessen will sie konkurrierende Förderer mit Hilfe von Standards vom Markt drängen, die andere Firmen nicht erfüllen können. Gegenüber der taz bestätigt ein Firmenverantwortlicher, dass De Beers sich von Afrikas informellem Sektor trennen wolle. „Eine verantwortliche Diamantenindustrie kann nicht untätig bleiben, wenn Menschen wegen der Aktivitäten einiger Profiteure leiden“, meint er. „Nur politische, soziale und kommerzielle Integrität kann Länder wie Angola, Sierra Leone und Kongo wiederaufbauen.“

Der Hintergrund von De Beers plötzlicher Entdeckung der Moral im Diamantenhandel ist, dass die Südafrikaner zunehmend Marktanteile verlieren. Vergangenes Jahr kamen nur noch 45 Prozent der in Antwerpen gehandelten Diamanten von der De-Beers-Verkaufsorganisation. Die meisten anderen kommen aus Angola, Namibia und Botswana, Stammländer von De Beers, wo sich in letzter Zeit immer mehr andere Förderer und Händler tummeln.

So geht in Antwerpen der Verdacht um, De Beers wolle eigentlich nur den Markt wieder in den Griff kriegen – und Afrikas eigenständigen Diamantenproduzenten schwächen. Denn nicht mit dem informellen Sektor zusammenzuarbeiten bedeutet die Marginalisierung des größeren Teils von Afrika, wo „informell“ geschürfte Diamanten über die Hälfte der Förderung ausmachen. „Es gibt Regionen, wie in der Demokratischen Republik Kongo oder der Zentralafrikanischen Republik, wo eine industrielle Ausbeutung wie die von De Beers unrentabel ist“, sagt der belgische Ökonom Hugues Leclercq. Die Hunderttausenden Kleinschürfer in Afrikas Bergbaugebieten können nicht einfach mit Rebellen gleichgesetzt werden.

Ein Experte des „Hohen Diamantenrats“ sagt unverblümt: „Wenn man die Entwicklung Angolas zu einem der größten Diamantenproduzenten der Welt aufhalten will, muss man es jetzt tun.“ Neben Südafrika hat auch Kanada wenig Interesse am Erstarken angolanischer Konkurrenz. Firmen aus Australien und Großbritannien unternehmen derzeit im Nordwesten Kanadas gemeinsam mit De Beers groß angelegte Diamantenprospektionen, die das Land bis 2008 zu einem Hauptförderland aufsteigen lassen sollen.

Es ist in diesem Zusammenhang pikant, dass ausgerechnet Kanadas UN-Botschafter das UN-Komitee zur Überwachung der Unita-Sanktionen leitet. Und es waren die Regierungen Kanadas und Großbritanniens, die der Nichtregierungsorganisation „Partnership Africa–Canada“ bei der Erstellung eines kritischen Berichts über Diamantenschmuggel aus Sierra Leones Rebellengebieten finanziell halfen. „Global Witness“ wiederum bekam Geld vom britischen Außenministerium, um über bessere Techniken zum Nachweis der Herkunft von Diamanten zu forschen – was von den Produzenten äußerst skeptisch beurteilt wird.

Wenn es wirklich das Ziel ist, zu verhindern, dass Afrikas Diamanten zur Finanzierung von Bürgerkriegen beitragen, gibt es auch andere Wege. So fragt Olivier Kamitatu, zweiter Mann in Kongos Rebellenbewegung MLC: „Wäre es nicht einfacher, ein Embargo gegen den Waffenhandel zu verhängen statt gegen den Diamantenhandel?“

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