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Zyanid mit Blei runtergespült

Nach erneutem Giftunfall in Rumänien schwappt Schwermetallwelle durch den Fluss Theiß. Regierung spielt Unglück herunter. Ungarn kündigt „diplomatischen Protest“ an

BERLIN taz ■ Nach dem zweiten Giftunfall in einem nordrumänischen Bergwerk innerhalb von sechs Wochen hat die von Schwermetallen verseuchte Abwasserwelle den ungarischen Abschnitt der Theiß erreicht. Ungarische Behörden maßen in dem zweitgrößten Fluss des Landes erhöhte Blei-, Zink-, Kupfer- und Eisenkonzentrationen und verboten in Ostungarn die Trinkwasserentnahme. Ein Fischsterben wurde nicht festgestellt. Experten gehen davon aus, dass der Giftunfall weniger schlimme Auswirkungen haben wird als das Zyanid-Unglück vor sechs Wochen, befürchten aber für die Flora und Fauna im Fluss Langzeitfolgen durch Schwermetalle.

Am Freitag waren aus einer Kläranlage des staatlichen Blei- und Zinkbergwerkes Baia Borsa in Nordrumänien nach einem Dammbruch etwa 20.000 Tonnen schwermetallhaltige Abwässer ausgeflossen. Die Betreiberfirma des Bergwerkes, die staatliche Firma Remin, ist auch an dem australisch-rumänischen Goldbergwerk Aurul aus Baia Mare beteiligt, bei dem vor sechs Wochen rund 100.000 Kubikmeter Zyanid ausgeflossen sind.

Zwischen Ungarn und Rumänien ist es wegen der Unfälle zu Spannungen gekommen. Ungarns Umweltminister Pal Pepo beschwerte sich am Wochenende darüber, dass Rumänien nicht genügend Informationen über den Unfall an Ungarn weiterleite und kündigte diplomatischen Protest an. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban verlangte, dass Rumänien von der EU und anderen internationalen Organisationen gezwungen werden müsse, Umweltrichtlinien einzuhalten. Das ungarische Außenministerium warf Rumänien vor, den Unfall herunterzuspielen.

Rumäniens Umweltminister Romica Tomescu drohte Bergwerksfirmen mit der Schließung, falls sie Umweltschutzvorgaben nicht einhalten würden und gab zu, dass nicht nur schweres Unwetter, sondern auch menschliches Versagen für den Dammbruch des Klärbeckens verantwortlich sei. Von einer Katastrophe könne jedoch keine Rede sein, so Tomescu. Deshalb sei der Unfall auch kein Grund für Ungarn, Druck auf Rumänien auszuüben. Der Regierungsvertreter des Kreises Maramures, in dem Baia Borsa liegt, Gheorghe Mihai Barlea, sagte im Beisein des Umweltministers, der Unfall habe keine wirkliche Verschmutzung verursacht. KENO VERSECK

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