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Rote Farbe gegen Abschiebung

Zweiter Anschlag von GegnerInnen der Ausländerpolitik: Sie bewarfen Haus von Lufthansachef Jürgen Weber mit Farbbeuteln  ■ Von Elke Spanner

Um „das reibungslose Funktionieren des Abschiebeapparates zu stören“ hatten KritikerInnen der hiesigen Flüchtlingspolitik vorige Woche einen Anschlag auf Haus und Auto der Amtsärztin Solveig J. verübt. Gestern wurde offensichtlich, dass die TäterInnen nicht speziell ÄrztInnen im Visier haben, die der Ausländerbehörde aus medizinischer Sicht grünes Licht für Abschiebungen geben. Offenbar wollen sie die unterschiedlichen Rädchen der Abschiebemaschinerie benennen und treffen: In der Nacht zu gestern warfen sie rote Farbbeutel gegen das Haus von Lufthansavorstandschef Jürgen Weber. Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) verurteilte die „Gefährdung von Menschenleben“.

Die Polizei sieht einen Zusammenhang zwischen beiden Taten. Zu den Brandsätzen auf das Auto und Haus der Amtsärztin Solvei J. haben sich inzwischen AbschiebungsgegnerInnen bekannt, die sich auf die militanten „Revolutionären Zellen“ und die „Rote Zora“ beziehen. Sie bezeichnen die Ärztin des Gesundheitsamtes Altona als „Erfüllungsgehilfin der Ausländerbehörde“. Sie hatte im Juni der Abschiebung der schwerkranken Kurdin Nikar S. zugestimmt, obwohl deren behandelnde Ärztin ihr Reiseunfähigkeit attestiert hatte.

Die Idee, ÄrztInnen einzusetzen, entwickelte die Ausländerbehörde im Mai 1999 in einem internen Papier, um die Abschiebezahlen zu steigern. Der Fall von Nikar S. hatte in Hamburg eine Koalitionskrise ausgelöst. Dennoch wurde die Beteiligung von ÄrztInnen an Abschiebungen von der rot-grünen Regierung nicht ausgeschlossen – woraufhin die Ausländerbehörde MedizinerInnen fest einstellte und auf Honorarbasis ÄrztInnen anwarb, die kranke Flüchtlinge auf dem Flug begleiten.

„Solange die TäterInnen unbehelligt bleiben“, heißt es im Bekennerschreiben, „werden sie weiterhin unbekümmert ihren dreckigen Job machen“. Die AutorInnen benennen weitere Praktiken der Ausländerbehörde: „überfallartige Festnahmen“, Auseinanderreißen von Familien, Sammelvorladungen von AfrikanerInnen.

Zum Anschlag auf Lufthansachef Jürgen Weber findet sich in diesem Schreiben noch kein Bezug, die Rolle von Fluggesellschaften wird nicht erwähnt. Ein großer Teil der Flüchtlinge wird aus der BRD mit Maschinen der Lufthansa (LH) abgeschoben, aus Frankfurt etwa die Hälfte. Crew und Passagiere dulden, dass die Flüchtlinge über Stunden gefesselt ausharren müssen. Voriges Jahr starb auf dem Linienflug LH 558 Richtung Khartum der Sudanese Aamir Ageeb. BGS-Beamte hatten ihn an Händen und Füßen festgebunden, ihm einen Motorradhelm aufgesetzt und den Kopf „zur Fixierung“ nach unten gedrückt. Ebenfalls in einer LH-Maschine erstickte 1994 der Nigerianer Kola Bankole – gefesselt und mit Mund-Nasen-Pflaster geknebelt.

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