Das Glück ist tatsächlich mit den Dummen

Manchmal hat derjenige am Ende Glück gehabt, der bei einer Los-Entscheidung nicht gewonnen hat. Abitur nach zwölf Schuljahren verspricht das Kippenberg Gymnasium für die, die das durchstehen. Jetzt streiten sich 234 Erziehungsberechtigte um 150 Plätze. Die vermeintlichen Karriere-Chancen werden per Losverfahren verteilt.

Die Frage ist, welche Kinder am Ende wirklich Glück gehabt haben: Die, die den „Hauptpreis“ gewinnen und einen Platz am Kippenberg ergattern? Denen steht viel Arbeit bevor und wenig Freizeit.

Die Schulpolitik muss unterschiedliche Begabungen von Kindern fördern. Es müssen Räume für Kinder geschaffen werden, die von einem erhöhten Arbeitspensum angespornt werden.

Der Schulversuch am Kippenberg krankt nicht daran, dass den Eltern die Entscheidung aus der Hand genommen wird. Auch nicht daran, dass nicht Zensuren, LehrerInnenempfehlungen oder Aufnahmeprüfungen ausschlaggebend sind. Bei Zehnjährigen sind Eltern wie LehrerInnen überfordert, wenn sie abschließende Urteile der Leistungsfähigkeit fällen sollen. Der Sinn einer Orientierungsstufe ist es daher, die offene Entwicklungsfähigkeit der Heranwachsenden zu berücksichtigen und vorschnelle Entscheidungen zu vermeiden. Für diese Orientierungsphase ist am Kippenberg keine Zeit mehr.

Es ist immer noch besser, im Losverfahren „Unglück“ zu haben als an dem erhöhten Leistungsdruck des Kippenberg-Modellversuchs zu scheitern. Eiken Bruhn