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„Wir wollen Erfolg!“

Erwin Zacharias (52), Vorstandsvorsitzender bei TeBe Berlin, über die Zukunft des Vereins und das angeschlagene Image der Göttinger Gruppe

Interview MARKUS VÖLKER

taz : Herr Zacharias, die Göttinger Gruppe hat ihr personelles Engagement in der Winterpause bei TeBe verstärkt, Sie wechselten auf den Chefposten des Vorstandsvorsitzenden. Warum all das?

Erwin Zacharias: Wir wollten alle Kräfte bündeln, um in der zweiten Halbserie konzentriert unser Primärziel, den Aufstieg in dieser Saison, anzugehen. Wir brauchen einfach im mannschaftlichen Umfeld die entsprechende Ruhe und Professionalität.

Woran krankte es beim Verein zuvor?

Es krankte nicht an irgendwas. Es geht jetzt einfach darum, einen erfolgreichen Endspurt hinzulegen und TeBe erstligareif zu machen.

Mit welchem Kalkül engagiert sich die Göttinger Gruppe bei Tennis Borussia?

Wir sind nicht nur Sponsor, sondern Investor, etwas, was man auch mit Fußballbusiness umschreiben kann.

Sie beziehen sich auf die Gründung einer so genannten Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) im März des vergangenen Jahres, die den Verein zum Wirtschaftsunternehmen umstrukturieren und börsenfähig machen soll.

Wir erwarten in absehbarer Zeit die offizielle Eintragung und den Auftritt dieser Kapitalgesellschaft als Lizenznehmer im Berufsfußball. Wir wollen den sportlichen, aber auch den ökonomischen Erfolg.

Die Göttinger Gruppe befindet sich mit ihrer Anlageform der so genannten stillen Beteiligung im Zwielicht des grauen Kapitalmarkts, vor allem mit dem Altersvorsorgeprodukt „Securente“. Wollen Sie durch das Sportinvestment das fragwürdigen Finanzimage ihres Konzerns aufpolieren?

Ich glaube nicht, dass Fußball unmittelbar geignet ist, einem Finanzdienstleistungskonzern ein anderes Image zu verpassen. Auch wenn dieses Engagement unseren Bekanntheitsgrad gesteigert hat, ist es natürlich allein die Aufgabe der Göttinger Gruppe und ihrer Öffentlichkeitsarbeit, den Ruf des Konzerns, der durch Falschmeldungen immer wieder ungerechtfertigt in Misskredit gebracht wird, zu verbessern. Der Fußball hilft da nicht. Fußball ist allerdings Teil unserer Konzernstrategie, denn Fußball ist bundes- und europaweit auch zum Business geworden.

Was heißt das?

Wir wollen die Marke Tennis Borussia Berlin entwickeln, weil Fußball in Berlin in der Zukunft einen erheblichen Stellenwert haben wird. Zur Göttinger Gruppe: Wenn wir zu Unrecht einem Bereich des grauen Kapitalmarkts zugeordnet werden, dann müssen wir da unsere Hausaufgaben machen, der Öffentlichkeit vermitteln, dass wir fast zwei Drittel unserer Geschäfte im so genannten weißen, institutionellen Kapitalmarkt abwickeln.

Welche denn?

Wir verfügen über eine eigene Lebensversicherungsgesellschaft und mit dem Bankhaus Partin über ein Bankinstitut mit Vollbanklizenz.

Nach einem Spruch des Berliner Landgerichts darf man die Göttinger Gruppe als „Abzocktruppe“, die „vermögensvernichtend“ arbeitet, bezeichnen; Stiftung Warentest beurteilt ihr Tun als „fragwürdig“, auch die Bankenaufsicht tut sich schwer mit Ihnen.

Die Aussagen sind bis heute durch kein Gericht sachlich bestätigt worden und darüber hinaus überholt. Außerdem sind es lediglich Meinungen von berufsmäßigen Kritikern, die trotz ihres teilweise schlechten Rufs geschützt sind, weil wir ein grundgesetzlich verankertes Recht auf freie Meinungsäußerung haben. Wir müssen diese Dinge ertragen, weil wir sie schließlich nicht untersagen können. Mit der Bankenaufsicht dagegen befinden wir uns in einem konstruktiven Dialog, den wir – so hoffe ich – demnächst auch wieder mit der Stiftung Warentest führen können, um Missverständnisse auszuräumen.

Allein im letzten Jahr sind in jener Branche des Finanzmarkts, in der auch sie tätig sind, durch Konkurse 40 Milliarden Mark versandet. Steht das Gerüst Göttinger Gruppe auf einem soliden Fundament?

Uns in Zusammenhang mit behaupteten Schäden im Finanzanlagebereich, deren Höhe tatsächlich viel zu hoch angegeben werden, in Verbindung zu bringen, halte ich für absolut deplatziert. Es gibt in der Wirtschaft selbstverständlich Pleiten, die zum System der Marktwirtschaft gehören; diese sind ein systemimmanentes Regulativ. Man könnte die Frage genauso in Verbindung bringen mit irgendeiner anderen deutschen Bank. Wenn andere Unternehmen nicht wirtschaften können, müssen wir uns nicht damit auseinander setzen. Wir haben keine Schäden verursacht.

Ist die Meldung korrekt, dass Sie beim Deutschen Sportfernsehen (DSF) intervenierten, weil Sie, einer der Sponsoren der Zweitligaberichterstattung des Spartensenders, mit Kritik bedacht wurden?

Das kann ich dementieren. Es hat nie ein Schreiben von mir an das DSF gegeben. Das sind Geschichten aus dem Wienerwald.

Kann ein Fußballverein wie ein Unternehmen geführt werden?

Bayern München ist ein Beleg dafür, dass man das ökonomisch sinnvoll gestalten kann. Selbstverständlich ist ein solches Unternehmen mit spezifschen Risiken ausgestattet.

Die sich ihrer Meinung nach kontrollieren lassen?

Sicherheit können Sie nie haben, aber mann muss die Wahrscheinlichkeit, dass Erfolg eintritt, nachhaltig kalkulieren.

Wie?

Das ist wie in der Wirtschaft, auch hier befindet sich ein Unternehmen in einem Markt. Die Marktbedingungen ändern sich täglich. Genauso gilt im Fußballgeschäft: Ich muss die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs minimieren, indem ein professionelles Management den sportlichen Bereich, aber auch das ökonomische Umfeld steuert.

Wann werden sich die 30 Millionen Mark, die Sie in Tennis Borussia investiert haben, rentieren?

Erstens setzt das den Aufstieg in die erste Bundesliga voraus. Und zweitens bedingt das mittelfristig eine Teilnahme an den europäischen Wettbewerben, damit entsprechende Erträge generiert werden können. Wir gehen davon aus, dass wir im ersten Jahr noch nicht den Break Even erreichen können, sondern frühestens im zweiten Jahr der Bundesliga-Zugehörigkeit.

Was passiert, sollte TeBe wiederum in der zweiten Liga hängen bleiben?

Wir engagieren uns mit dem Ziel, im Fußballbusiness und Fußballsport Erfolg zu haben. Das kann nie von kurzfristiger Betrachtung sein. Wir wollen uns langfristig erfolgreich beteiligen.

So gesehen ist Ihre Ankündigung, TeBe in die Champions League zu hieven, also absolut ernst zu nehmen?

Diese frühe Aussage von mir ist lediglich die Formulierung eines langfristigen Ziels, das natürlich den entsprechenden Input, sprich: den sportlichen Erfolg, braucht. Es muss doch das Ziel jedes professionell geführten Vereins sein, die Spitze zu erreichen. Immer nur den Klassenerhalt als Ziel auszugeben, ist doch für alle Beteiligten uninteressant.

Wie nah kann TeBe Hertha BSC Berlin in der Publikumsgunst, auch im Medieninteresse, kommen?

Die Gunstbezeugung ist formelhaft hauptsächlich abhängig vom sportlichen Erfolg. Wenn man sieht, wo Hertha noch vor zwei, drei Jahren stand, dann muss man sagen: Nicht viel weiter als TeBe heute.

Hertha hat TeBe also nur, ich betone, nur den sportlichen Erfolg voraus?

Der sportliche Erfolg macht den größten Teil des Vorsprungs aus, schließlich ist das Fan- und Medieninteresse eng mit der Erstklassigkeit verbunden. Wenn das ein anderer Berliner Verein erreicht hätte, wäre das Stadion auch voll, wenngleich ich respektvoll anerkenne, was die Herthaner in den letzten Jahren geleistet haben.

Wird ein Erstligist TeBe demnächst auch im Olympiastadion spielen?

Zunächst wollen und müssen wir uns sportlich qualifizieren. Danach ist die Stadionfrage, die eng mit dem Olympiastadion verbunden ist, zu klären.

Trotz der großenVisionen, befürchten Sie nicht, Sie könnten von einem zweiten Mitkonkurrenten, Union Berlin, überholt werden?

Nein. Allerdings würde ich mich freuen, wenn drei Berliner Vereine in der ersten Bundesliga spielen. Berlin ist so groß wie Köln, München und Hamburg zusammen.

Der Markt in Berlin ist also vorhanden?

Ja, allemal. Wer am erfolgreichsten ist, wird auch die größte Zuschauerresonanz haben. In München beispielsweise brauchen sie nur einen Taxifahrer zu fragen, sind Sie blau oder rot, und schon haben sie ein Gespräch – wenn das in Berlin, mit z.T. anderen Farben, erreicht ist, haben wir hier eine echte Fußballhochburg.

Das Binnenklima bei TeBe ist immer wieder nachhaltig gestört. Woran liegt’s?

Wir haben zu Beginn der Saison eine nahezu völlig neue Mannschaft zusammengestellt. Da braucht es Zeit, um die Probleme der Teambildumg in den Griff zu kriegen. Aber wir schaffen das.

Der Eigensinn einiger Spieler scheint die Harmonie stets zu sprengen.

Das sehe ich im Moment überhaupt nicht. Ein gesunder Eigensinn ist aus Sicht des Profis immer ein wesentlicher Bestandteil der Persönlichkeit. Es geht also darum, diese verschiedenen Persönlichkeiten so im Team zu integrieren, dass jeder seine Stärken ausspielen kann. Insgesamt sehe ich uns dabei auf einem guten Weg.

In der Winterpause demonstrierte man Einigkeit, damit war es aber bis zum Sieg über Tabellenführer Köln nicht weit her.

Es herrscht nicht immer eitel Sonnenschein und Friede, Freude, Eierkuchen. Das gibt es in keiner Mannschaft, die im Interesse der Öffentlichkeit steht. Es gibt immer Phasen, wo es Unruhe gibt. Das Geschick der Beteiligten ist dann gefragt, Dinge in die richtige Richtung zu lenken.

Gefordert ist dann etwa Coach Winfried Schäfer. Ist er der richtige Trainer hierfür?

Winfied Schäfer hat bewiesen, dass er ein sehr guter Trainer ist. Er hat das Vertrauen der leitenden, maßgeblichen Organe bei TeBe.

Waren Sie mit der Vereinsfarbe von TeBe eigentlich schon mal beim Farb- und Typberater? Den Fans verlangt das feminine Veilchen-Violett eine gewisse Souveränität ab. Kommen deshalb so wenige, nur etwa 4.000, ins Mommsenstadion?

Zum Farbwechsel sehe ich keine Veranlassung. Unsere Fans müssen Spaß an TeBe haben. Da spielt es keine Rolle, ob wir ein lila Trikot anhaben oder ein schwarzgelbes.

Warum nicht?

Etwas Gewachsenes sollte man nicht verändern. Mir fallen ad hoc drei Vereine neben TeBe ein, die lila-weiß gekleidet sind, Austria Wien, AC Florenz und Erzgebirge Aue. Dabei bleiben wir.

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