Riesters neuer Rentenzauber

Mit einer neuen Nettolohnformel will der Arbeitsminister die Rentenausgaben senken

BERLIN taz ■  Bei den Renten sollen bis zum Jahre 2030 rund 450 Milliarden Mark eingespart werden. Der neue Kniff: Die statistischen Nettolöhne werden neu berechnet.

Mit seiner Idee will Arbeitsminister Walter Riester (SPD) den Rentenkassen bis zum Jahre 2030 rund 450 Milliarden Mark einsparen. Riester will Milliarden bei den Renten kürzen, indem einfach die statistischen Nettolöhne neu berechnet werden.

Bisher werden die Renten nach der Entwicklung der durchschnittlichen Nettolöhne ermittelt. Um die Nettolöhne statistisch zu berechnen, sollen nach dem neuen Plan aber nicht nur die üblichen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern, sondern auch noch ein „Kapitalvorsorgebeitrag“ von 2,5 Prozent vom Bruttolohn abgezogen werden. Denn mindestens diese Summe sollen Bundesbürger künftig privat ohnehin für die Altersvorsorge zurücklegen. „Damit zählt dieses Geld nicht mehr zum verfügbaren Nettoeinkommen. Die neue Rechnung ist also durchaus zu vermitteln“, meint Klaus-Peter Schmidt-Deguelle, Medienberater bei Riester.

Die Folge der neuen Rechnung: Ein um 2,5 Prozent gekürztes durchschnittliches Nettolohnniveau hat entsprechend niedrigere Renten zur Folge, weil die Altersbezüge an die Nettolöhne gekoppelt sind.

Trotzdem sinken die Renten in absoluten Zahlen voraussichtlich nicht, denn sie werden jährlich im Gleichschritt mit der Nettolohnentwicklung angehoben; der 2,5-prozentige Abschlag würde damit nur verrechnet. Steigen die durchschnittlichen Nettolöhne etwa um 3 Prozent, klettern die Renten um 0,5 Prozent in die Höhe. Möglicherweise werde man den 2,5-Prozent-Abschlag aber erst allmählich, im Rahmen von fünf Jahren, erheben, so Schmidt-Deguelle. Damit würden pro Jahr nur 0,5 Prozent von der sonst fälligen Rentensteigerung abgezogen. „Die Renten sinken nicht“, betont Schmidt-Deguelle. Nur würden sie ohne den neuesten Vorschlag künftig noch ein wenig höher ausfallen.

Einzelheiten sollen in den Rentengesprächen zwischen Riester und der CDU-Opposition diskutiert werden. Dabei geht es auch um die Frage, wie die 2,5-prozentige private Vorsorge staatlich gefördert werden könnte. Schmidt-Deguelle erklärt, künftig könnten Personen mit sehr niedrigem Einkommen einen Zuschuss erhalten.

Der Charme der neuen Nettolohnrechnung liegt darin, dass Walter Riester weiter behaupten kann: „Die Renten steigen wieder entsprechend der Nettolöhne.“ Trotzdem aber sinken die Ausgaben für die Renten. Angesichts der starken Rentenbelastung in den nächsten Jahrzehnten „muss irgendwas kommen“, betont Schmidt-Deguelle. Auch wenn man die Wahrheit sicherheitshalber hübsch verpackt in einer neuen Rechnung präsentiert.

BARBARA DRIBBUSCH