: Zwischen Witta und Uschi
Mariele Millowitsch spielt sie gern und oft (und gut), die Rächerin der späten Mädchen und der Mauerblümchen – auch heute Abend wieder in „Ich kaufe mir einen Mann“ (20.15 Uhr, Sat.1)
von CHRISTIAN BUSS
Die Emanzipation beginnt auf dem Klo. Während eines freudlosen Discobesuchs entdeckt Helen ein Plakat, mit dem ein Escort-Service für seine Dienste wirbt. Den Callboy, den sie sich am nächsten Tag per Telefon ordert, hat sich die verhuschte Mittvierzigerin ja auch redlich verdient.
Was musste die Heldin aus „Ich kaufe mir einen Mann“ nicht alles über sich ergehen lassen: Ausgerechnet am Hochzeitstag wurde sie von ihrem Mann verlassen und aus dem Eigenheim in ein angemietetes Hochhausloch umquartiert. Zudem hat der Chef ihr unverblümt seine Wertschätzung klargemacht, indem er der Gebeutelten von einer Hündin erzählte, die alle für nutzlos gehalten hätten, bevor sie dann eine „erstklassige Mutter“ geworden sei. Eine nette Art, die Kündigung schmackhaft zu machen.
Helen steckt all die Demütigungen ein wie ein Rauhhaardackel, der den Puschen seines Herrchens verschluckt hat: überhaupt nicht gekränkt, eher schuldbewusst. Vielleicht deshalb hallt einem die Kausalitätskette in den Ohren, die dieser Professor, bei dem Helen Psychologiekurse belegt, eingangs dozierte: „Keine Liebesfähigkeit, kein Orgasmus, keine Gesundheit!“ Die Verlassene jedenfalls holt sich das alles, wenngleich in veränderter Reihenfolge ...
Aber so ist das bei Filmen, in denen Mariele Millowitsch mitwirkt. Die 44-Jährige macht da weiter, wo es dem verbeamteten Muttertier Witta Pohl zu brenzlig wird, aber sie treibt die Selbstverwirklichung nicht bis in jenes Stadium, wo die stählerne Erfolgsmaschine Uschi Glas Übermenschliches leistet. So bescheuert, sich den Qualen eines Bauch-Beine-Po-Trainingscamps auszusetzen, sind die Frauen, die Millowitsch spielt, nie.
Als Helen etwa sagt sie „Man hat immer die Chance, sein Leben zu ändern.“ Aber aus Millowitschs Mund klingen Einlassungen zum Thema „Emanzipation mit menschlendem Antlitz“ glaubhaft. Schließlich weiß man auf Grund der Huldigungen auf den Seiten des „Modernen Lebens“ in allen Magazinen dieses Landes, dass das Leben der Aktrice häufig dem ihrer Figuren ähnelt. Auch Mariele Millowitsch ist ein spätes Mädchen. Statt eine Karriere als Schauspielerin anzupeilen, wie man es von einem Mitglied des Kölner Theater-Clans um den Boulevard-Patriarchen Willy Millowitsch erwartet hätte, studierte sie nach der Schule lieber Tiermedizin. Erst nach ihrer Promotion über die Bandscheibenschäden von Hunden ging sie zum Fernsehen. Als sie mit dem preisgekrönten Büropanoptikum „Girl Friends“ im ZDF ihren ersten großen Erfolg feierte, war sie schon Ende 30.
Heute ist sie die Rächerin aller Hausmütterchen und Mauerblümchen. In der vergleichsweise amüsanten RTL-Comedy „Nikola“ gab sie bis vor kurzem die kampflustige Krankenschwester, und am 12. April wird sie in der ARD-Produktion „Meine beste Feindin“ zu sehen sein. Übrigens wieder als betrogene Gattin, die nach dem Tod ihres Mannes dessen Geliebte kennen lernt.
Der untreue Gemahl in „Ich kaufe mir einen Mann“ stirbt ebenfalls schnell den verdienten Unfalltod. Auch hier tritt durch sein Ableben ein Geheimnis zu Tage, nämlich 680.000 Mark Gewinn aus illegalen Transaktionen. Damit könnte sich die Heldin noch reichlich Männer kaufen. Doch die hat sich längst in den Callboy verguckt, und auch der Beischlafprofi ist aus der Nacht mit der grauen Maus geläutert hervorgegangen. Das Geld verwenden die beiden dafür, einer jungen Mutter ein putziges Häuschen zu kaufen. Betrogene und Alleinerziehende, haltet durch, Mariele ist unterwegs!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen