: Leiharbeit ist Mode
■ Im Arbeitsamt läuft die zweite Messe für Zeitarbeit / Flexibilität ohne Ende gefragt
Der Ruf nach Flexibilität bei der Arbeitsvermittlung ist erhört worden. Was das Arbeitsamt nicht leistet oder nicht leisten kann, wird mehr und mehr von privaten Arbeitsvermittlungen übernommen. Zum Beispiel von privaten Zeitarbeits-Vermittlern, die sich gestern im Foyer des Arbeitsamts vorstellten.
Bis heute nachmittag dauert noch die nunmehr zweite Messe für Zeitarbeit. Sie soll Arbeitslose und Interessierte über das Dienstleistungsangebot der sechzehn Aussteller informieren. Denn laut Ergebnis einer aktuellen „impulse-Dresdner Bank-Unternehmensstudie“ könne kein Unternehmen künftig mehr auf Zeitarbeit verzichten. Ein Mitarbeiter der ausstellenden Firma Brunel, selbsternannter Spezialist für Ingenieurdienstleistungen, beschrieb das zeitlich befristete Engagement eines Ingenieurs für die Kunden als üblich, da Konstrukteure und Ingenieure häufig projektbezogen und damit auf Zeit in den Unternehmen arbeiteten. Als Problem bezeichnete Mitarbeiter Michael Gehrke die „365-Tage-Grenze“: Zeitarbeiter dürfen nicht länger als ein Jahr im selben Betrieb arbeiten – sonst gäbe es für Arbeitnehmer und Arbeitgeber unerwünschte Konsequenzen.
Allerdings wollten Zeit-Arbeiter manchmal gar nicht weg von ihrer Firma. Denn die Bezahlung für die Leiharbeiter auf Zeit sei wegen der branchenüblichen Fluktuation oft höher als die allgemeine Entlohnung, meinte der Zeitarbeits-Mitarbeiter MichaelGehrke.
Der Abteilungsleiter der Firma Persona Service, Oliver-Patrich Habben, begrüßte die kurzen Kommunikationswege zwischen den eigenen Mitarbeiter. Mit einem rechtzeitigen Anruf bei einem Vermittler könnten entsprechende Fachkräfte pünktlich rekrutiert werden. Mittlerweile werden die beim Bremer Arbeitsamt registrierten Arbeitssuchenden gleich zur Vermittlung in die Zeitarbeits-Privatwirtschaft gegeben.
Ein Manko weist die private Arbeitsvermittlungs- und Leasing-branche aber auf. Viele Besucher der Bremer Zeitarbeits-Messe im Arbeitsamt teilten das allgemeine Vorurteil, dass die Bezahlung und die Urlaubsregelung bei den Verträgen miserabel sei. Außerdem wäre das Arbeitsangebot auf Tätigkeiten beschränkt, die keine berufliche Ausbildung verlangen.
Diesem Irrglauben wollte diese Messe aber entgegenwirken: Denn auf ihr wurden nämlich unter anderem sehr wohl Informatiker, Ingenieure, Call-Center-Agents oder Mitarbeiter für kaufmännische Berufe gesucht. Marcel Weber
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