: Freundlicher Grundtenor
Bei der Anhörung zur Unternehmenssteuer konzentriert sich die Kritik auf Details
Berlin taz ■ Der Streit begann schon bei der Einladungspolitik. Drei Tage hatten die Mitglieder des Bundestagsfinanzausschusses nutzen wollen, um alle altbewährten Experten aus Lobbyverbänden und Wissenschaft zu den Unternehmenssteuerplänen der Bundesregierung anzuhören und somit die eigenen Positionen zu untermauern. Letztlich durften aber nur 63 Sachverständige kommen. Und draußen blieb ausgerechnet der Bundesverband mittelständische Wirtschaft, einer der Trümpfe der Opposition, die gerne ihr eigenes Steuerkonzept durchsetzen würde.
Anlass genug für die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Gerda Hasselfeldt, von einer unzulässigen Einschränkung des Spektrums zu sprechen und die Veranstaltung als Alibi-Veranstaltung abzutun – zumal Bundeskanzler Gerhard Schröder noch am Vortag erklärt hatte, es werde ohnehin keine Änderungen mehr am Konzept geben. SPD und Grüne sollten die Kritik ernst nehmen, sagte Hasselfeldt.
Erwartungsgemäß erwiesen sich diese Befürchtungen zumindest für die Anhörung als übertrieben. Grundsätzlich stimmte das Gros der Experten zwar darin überein, dass die Richtung der Reform stimme. Allerdings richteten sie auch die dringende Aufforderung an Finanzminister Hans Eichel, einige Punkte noch einmal zu überdenken. Ein Mitarbeiter aus dem Finanzministerium wertete diesen Grundtenor trotzdem als Indiz dafür, „dass sich das Verhältnis zwischen Rot-Grün und Wirtschaft merklich entkrampft“ hat.
Streitpunkt ist vor allem die unterschiedliche Behandlung von Kapital- und Personengesellschaften. In welchem Ausmaß ein Unternehmen von der Unternehmenssteuerreform profitiert, hänge allein von der Rechtsform ab, erklärte der Experte des Deutschen Industrie- und Handelstags. Das zeige sich unter anderem an der geplanten Steuerfreistellung für Beteiligungsverkäufe, die nur für Kapitalgesellschaften gelte. Rudolf Hickel von der Universität Bremen argumentiert zusätzlich ordnungspolitisch: Dieses Steuergeschenk könne zwar die erwartete Kapitalentflechtung der Deutschland AG beschleunigen, die Konzerne würden jedoch nur Industriebeteiligungen gegen andere Kapitalbeteiligungen austauschen.
BEATE WILLMS
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