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Papst besucht Jad Vaschem

In der Holocaust-Gedenkstätte ruft Johannes Paul II. zur Versöhnung von Christen und Juden auf. Nach Papstbesuch Streit unter Palästinensern

JERUSALEM taz ■ Ohne explizit die Mitschuld der katholischen Kirche an Antisemitismus und Holocaust zuzugeben, hat Papst Johannes Paul II. gestern in der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem zur Versöhnung zwischen Juden und Christen aufgerufen. Er drückte im Namen der Kirche seine Trauer aus über die „Tragödie, die die Juden erleiden mussten“. Die katholische Kirche verurteile jede Art des Rassismus und strebe nach einer Welt „des Friedens und der Gerechtigkeit“, sagte der Papst. So wolle die Kirche garantieren,dass solche Verbrechen „nie wieder“ geschehen könnten. Dies solle auch eine Welt sein, „in der Christen keine antijüdischen Gefühle haben und Juden keine antichristlichen“.

Im Vorfeld des Papstbesuches in Jad Vaschem war von jüdischer Seite wiederholt die Forderung laut geworden, Johannes Paul II. solle Position zur Rolle der Kirche während des Zweiten Weltkrieges beziehen und um Vergebung für die Mitschuld des Vatikans am Holocaust bitten.

Der Leiter von Jad Vaschem, Schewach Weiß, der den Papst durch die Gedenkstätte führte, hält die Forderung für unsinnig. Es ginge nicht an, den „wichtigsten Führer der katholischen Kirche hier vor eine Prüfung zu stellen und ihm ein Schuldeingeständnis abringen zu wollen“. Entscheidend sei, dass der Papst nach Jad Vaschem gekommen sei. Zwischen Papst Paul VI., der 1964 als erstes Kirchenoberhaupt ganze elf Stunden lang Israel besuchte – jedoch damals weder den Judenstaat anerkannte noch nach Jerusalem reisen wollte –, und Johannes Paul II. lägen Welten, meint Weiß. Es werde jetzt „ein neues Blatt im Verhältnis Vatikan/Israel aufgeschlagen“. Die Papstrede in Jad Vaschem sei „im Vergleich zu seinen früheren Stellungnahmen zum Holocaust ein großer Schritt in Richtung Versöhnung zwischen Christen und Juden“. Zwar könne eine Rede allein nicht die Welt verändern, aber „der Papst hat seinen Teil dazu beigetragen“.

Im Anschluss an seine Ansprache in der Gedenkhalle traf das Kirchenoberhaupt mit alten Bekannten zusammen. Für Roman Krischner aus dem polnischen Wadowice, der Heimatstadt des Papstes, war das Treffen mit dem Kameraden aus der Grundschule trotz des Ausbleibens einer detaillierten Schulderklärung ein voller Erfolg. Krischner ging vier Jahre lang mit Karol, der unter seinen Freunden damals „Lolek“ hieß, in dieselbe Klasse und den gleichen Fußballclub. Seit Tagen fieberte er dem ersten Treffen nach 60 Jahren entgegen.

Jetzt gab Krischner zu, dass es ihm dabei nicht so sehr um den alten Freund als vielmehr um den Papst gehe: „Er ist einer unter einer Milliarde Christen – mehr noch als ein König.“ Schon in seiner Jugend sei der Papst ein ausgesprochener Liberaler gewesen, so Krischner. Nach der Schule seien die Juden seiner Heimatstadt nicht selten dem Spott ihrer Kameraden ausgesetzt gewesen. „Lolek hat uns immer in Schutz genommen“, berichtete Krischner. Fünf seiner Geschwister haben den Holocaust nicht überlebt. Krischner selbst war Jahre lang im Konzentrationslager und kam erst 1966 nach Israel. Dass ein ausführliches Schuldbekenntnis im Namen der Kirche ausblieb, kann er verstehen.

Im Anschluss an den Papstbesuch im palästinensischen Flüchtlingslager Daheische kam es am Mittwoch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen rivalisierender Palästinenser und auch von Polizisten untereinander.

SUSANNE KNAUL

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