Jetzt fehlt nur noch das Geld

55 Jahre nach Kriegsende einigen sich im Prinzip Deutschland, die USA und Opfergruppen über die Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter. Die zehn Milliarden Mark sind noch nicht zusammen

BERLIN taz ■ Die überlebenden Opfer der nationalsozialistischen Zwangsarbeit können noch in diesem Jahr mit finanzieller Entschädigung rechnen. Bei der elften Verhandlungsrunde in Berlin haben sich gestern Vertreter der USA, Deutschlands, der osteuropäischen Länder und Opfergruppen in den zentralen Fragen geeinigt. Die Verteilungsfrage sei ebenso geklärt wie die Einbindung der Versicherungen, sagte der deutsche Verhandlungsführer Otto Graf Lambsdorff. „Wir haben es geschafft. Die Verteilungsdiskussion ist erfolgreich abgeschlossen worden.“ US-Unterhändler Stuart Eizenstat sprach von einem „großen Tag“.

Auf Druck der Osteuropäer soll der Betrag für die individuelle Entschädigung der rund eine Million überlebenden Zwangsarbeiter auf 8,25 Milliarden Mark aufgestockt werden. Noch unmittelbar vor der abschließenden Plenarsitzung hatte Lambsdorff betont, es bleibe bei den von ihm und Eizenstat vorgesehenen 8,1 Milliarden. Die zusätzlichen 150 Millionen Mark sollen nun aus Zinserlösen und einem mit 100 Millionen Mark dotierten Schweizer Bankenfonds kommen.

Mit einer weiteren Milliarde Mark werden vor allem jüdische Vermögensschäden durch so genannte Arisierungen ausgeglichen. In den so genannten Zukunftsfonds für soziale und kulturelle Projekte fließen wie geplant 700 Millionen Mark, 200 Millionen Mark sind für Verwaltungs- und Anwaltskosten vorgesehen. Einzelheiten wie die Frage der Rechtssicherheit für deutsche Firmen in den USA sollen Arbeitsgruppen regeln.

Seit Mai vergangenen Jahres waren mehrere Gesprächsrunden in Bonn bzw. Berlin und Washington ohne Ergebnis verlaufen. Erst der von der Bundesregierung gebilligte Gesetzentwurf zur Errichtung einer Stiftung hatte am Mittwoch entscheidende Weichen für die Verteilung der zehn Milliarden Mark Entschädigung gestellt. Darin verzichtete das Kabinett unter anderem auf die umstrittene Anrechnung bereits erbrachter Leistungen. Der Entwurf soll vor der Sommerpause von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden, um eine Auszahlung noch in diesem Jahr zu ermöglichen.

Unklar ist allerdings weiterhin, woher die 10 Milliarden Mark kommen sollen. Der im vergangenen Februar gegründeten Stiftungsinitiative der Wirtschaft sind inzwischen rund 680 Unternehmen beigetreten. Insgesamt hat sie jedoch erst 2,3 Milliarden Mark der zugesagten 5 Milliarden eingesammelt.

NICOLE MASCHLER

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