: Ein Junkie-Besuch am Tag
■ Seit sechs Wochen hat das Drobill als Nachfolger des Drug-Mobil in Billstedt geöffnet – bisher wird es kaum angenommen
Die Container stehen. Das „Drobill“ ist auf. Seit sechs Wochen bereits. 43 Junkies haben bisher vorbeigeschaut, neun Mal hat sich jemand im Druckraum einen Schuss gesetzt. Projektleiter Georg Kurz-Lund ist zuversichtlich gestimmt. „Es muss sich erst herumsprechen, dass es uns hier gibt“. Noch stünde die Billstedter Fixerstube ganz am Anfang, an manchen Tagen warten die MitarbeiterInnen vergeblich auf Besuch, „aber das wird sich einpendeln“. Schon am Gesundheitsraum im Eimsbütteler „Café Drei“ habe sich gezeigt, dass die Anlaufphase einer neuen Einrichtung etwas zäh verlaufen kann, adjutiert Johannes Nießen von der Gesundheitsbehörde.
Doch mit der Fixerstube des „Café Drei“ wurde ein ganz neuer Standort erschlossen, an dem sich zuvor keine Junkies aufhielten. In Billstedt hingegen stand zuvor fünf Jahre lang das „Drug-Mobil“ des Trägers „freiraum“ – und hatte regen Zulauf. Hier stellt sich weniger die Frage, von wo KlientInnen angeworben werden könnten. Offen ist vielmehr, wohin diejenigen abgewandert sind, die zuvor das „Drug-Mobil“ nutzten. „Das wissen wir nicht“, sagt Geschäftsführer Michael Grotjahn, der aber daran erinnert, dass der Zulauf des „Drug-Mobil“ in dessen letzten Monaten bereits nachgelassen hatte. Im übrigen solle man die Qualität einer Einrichtung nicht allein nach den Konsumeinheiten beurteilen. „Wir sind auch eine Kontakt- und Beratungsstelle. Das ist fast noch wichtiger als der Gesundheitsraum, den wir integriert haben“.
Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) hatte die Trägerschaft der Billstedter Fixerstube neu ausgeschrieben, als das Drug-Mobil nach Jahren in einem umgebauten Linienbus endlich in feste Räume umziehen sollte. Statt „freiraum“ zog dann der Bremer Träger „steps“ in die Container ein, die an der Legienbrücke dafür aufgestellt worden waren. Die Stadtteilkonferenz Billstedt, der Zusammenschluss der sozialen und kulturellen Projekte, hatte heftigst dagegen protestiert. Die AnwohnerInnen verlangten, dass der Verein „freiraum“ die Einrichtung weiterbetreiben sollte, mit dem man lange vertrauensvoll zusammengearbeitet hatte. Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) hatte beschwichtigt, der Stadtteil werde durch den Trägerwechsel keinen Nachteil erleiden. Dann verzögerte sich der Bau. Fast zwei Monate lang gab es in Billstedt gar keine Fixerstube mehr.
Nicht nur der Träger „steps“, auch die BAGS behandelt das Drobill, als sei es in Billstedt ein gänzlich neues Projekt. Nießen freut sich in seiner Eröffnungsrede über den „weiteren Baustein im Versorgungsangebot in Hamburg“. Dafür wiederum tritt die Behörde selbst bei der Eröffnungsveranstaltung auffallend zurückhaltend auf. Sozialsenatorin Roth lässt sich sonst gerne feiern. Nun hat sie statt ihrer einen Mitarbeiter geschickt, „Terminprobleme“. Vorigen Sommer hatte sie für ihre Ausschreibungspraxis so heftige Kritik eingesteckt, dass sie die zugrunde liegende Richtlinie ändern musste.
Vor allem die Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände hatten die Befürchtung vorgebracht, dass die Träger durch die Wettbewerbssituation verstärkt zu Billigangeboten und Lohn-Dumping verleitet werden könnten. Steps-Geschäftsführer Grotjahn versichert auf Nachfrage, die Arbeitsverträge der Drobill-Angestellten seien am Bundesangestelltentarif (BAT) orientiert. Allerdings habe man sich abgesichert. Für den Fall, „dass der Zuwendungsgeber BAGS das nicht finanzieren kann“, müssten die MitarbeiterInnen auf die regulären Gehaltssteigerungen etwa zum Jahreswechsel verzichten.
Elke Spanner
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