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Deutsche gegen Italiener

Nachdem italienische Touristen nicht in eine Friedrichshainer „Sport- und Erlebnisgaststätte“ reinkamen, wurden sie von 20 Jugendlichen aus dem Lokal verfolgt, beschimpft und geschlagen

von BARBARA BOLLWAHNDE PAEZ CASANOVA

Die Erlebnis- und Sportbar „Big A’s Inn“ in der Landsberger Allee in Friedrichshain wirbt mit „Live-Sportübertragungen, Karaoke, Singlepartys und vielen Überraschungen“. Eine Überraschung der besonderen Art erlebte in der Nacht von Samstag auf Sonntag eine Gruppe von etwa 40 italienischen Touristen an ihrem ersten Tag in Berlin. Nach einem Besuch im Multiplex „UCI-Kinowelt“ wollten sie gegen 0.30 Uhr noch etwas unternehmen und suchten das „Big A’s Inn“ auf, das sich im gleichen Gebäudekomplex wie das Kino befindet. Doch dort wurde ihnen der Zutritt verweigert. Nach Angaben des Betreibers, Alexander Wettermann, weil der Laden überfüllt war. Wettermann ergänzte, dass es sich nicht um 40 Italiener, sondern um „etwa 10 Stück“ gehandelt habe.

Als die Italiener den Nachhauseweg zu ihrem Hotel in Prenzlauer Berg antraten, folgte ihnen eine Gruppe von 20 Jugendlichen aus dem „Big A’s Inn“. Die Touristen wurden beschimpft und geschlagen. Einer von ihnen erlitt nach Angaben der Polizei „durch mehrere gezielte Faustschläge“ einen Nasenbeinbruch. Vom Hotel aus riefen die Italiener die Polizei. Diese stellte die Personalien von zwölf Personen fest.

Für den Chef des Multiplexkinos ist der Vorfall wenig überraschend. „Dort sind Schlägereien Normalität“, sagte gestern Frank Schirmer gegenüber der taz. „Seit Monaten haben wir Probleme mit dem Publikum.“ Die Gäste beschreibt er so: „Sehr jung, zum Teil mit kurzen Haaren und prolohaft.“ Besonders freitags und samstags sei „die Hölle los“. Mehrmalige Gespräche mit dem Betreiber des Lokals hätten nichts gebracht. Seit geraumer Zeit lässt das Kino „aus Sicherheitsgründen“ spätestens um Mitternacht das Rolltor runter und macht nur noch Auslass.

Der zuständigen Polizeiwache ist die „Sport- und Erlebnisgaststätte“, die im Mai 1999 öffnete, gut bekannt. Doch ein Beamter sagte gegenüber der taz, dass der jüngste Vorfall „nicht politisch“ zu sehen sei. Es gehe um „Jugendliche mit ihren pubertären Schwierigkeiten“. In der Vergangenheit habe es „Probleme mit ausländischen Jugendlichen“ gegeben. Doch, so betonte der Beamte, „nicht wie bei einem rechtsradikalen Publikum in Lichtenberg“. Bei den Streitigkeiten handele es sich „um Streitigkeiten wie in jeder anderen Diskothek“. Nach Angaben des Beamten soll „Klientel in Richtung Fußballfans“ angezogen werden.

Der Betreiber des „Big A’s Inn“ ist Vorsitzender des Hertha-Fanclubs „Koslowski’s Rache“, der auf seiner Homepage „jede Menge Spaß und Action außerhalb der Spielzeit“ verspricht. Doch Wettermann dementierte gestern, dass es sich bei den Tätern vom Wochenende um Stammgäste seines Lokals handelt. „Wir sind kein ausländerfeindliches Lokal“, sagte er. Zu den Auseinandersetzungen und Streitigkeiten in der Vergangenheit wollte der 30-Jährige keine näheren Angaben machen. Nur so viel: „Es waren immer ausländische Jugendliche, die Ärger machten.“ Deshalb beschäftige er seit fast einem Jahr eine Türsteherfirma, die „für Ruhe sorgt“.

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