Kein Durchbruch

US-Präsident Clinton lehnt bei seinem Kurzbesuchin Pakistan eine US-Vermittlung in Kaschmir ab

DELHI taz ■ Die Ankunft von US-Präsident Bill Clinton zu einem sechsstündigen Kurzbesuch Pakistans am Samstag glich eher der Visite eines feindlichen Staates denn eines Verbündeten. Der kleine Jet mit den US-Farben, der mittags von Bombay kommend bei Islamabad landete, enthielt nur Sicherheitsleute. Kurz darauf landete ein zweiter unmarkierter Jet. Ihm entstieg der US-Präsident, der in einem von sechs identischen Cadillacs entschwand.

Die Spruchbänder auf dem Weg vom Flughafen sprachen alle nur ein Thema an: „Freiheit für Kaschmir“. Sie zeigten, dass sich die Gastgeber keinen Illusionen hingaben. Auch Clinton ließ nicht den Eindruck zu, er legitimiere mit seiner Stippvisite das Militärregime. Der Besuch bei Präsident Rafiq Tarar war denkbar kurz, das zweistündige Gespräch mit dem Machthaber General Pervez Musharraf laut US-Sprecher Joe Lockhart „freimütig und höflich“. In seiner TV-Ansprache nahm Clinton kein Blatt vor den Mund. Er forderte das pakistanische Volk und seine Machthaber auf, „der Wahrheit schonungslos ins Gesicht zu schauen: Es gibt keine militärische Lösung in Kaschmir. Dies ist eine Zeit, die Leute, die mit Blut neue Grenzen ziehen wollen, nicht belohnt ... Internationale Sympathie und Intervention können nicht durch einen noch blutigeren Konflikt gewonnen werden.“ Die USA werden in Kaschmir nicht vermitteln. „Nur ihr und Indien könnt dies tun.“ Er habe Indien aufgefordert, den Dialog neu zu beginnen. „Doch für einen erfolgreichen Dialog muss Pakistan die Bedingungen schaffen.“ Neben dem Verzicht auf die Unterstützung der Aufständischen im indischen Kaschmir gehöre dazu auch die Rückkehr zur Demokratie. Die Ankündigung von Lokalwahlen sei gut, genüge aber nicht.

Musharraf revanchierte sich mit einer Pressekonferenz. Sie bestätigte, dass die Gespräche hin keinen Durchbruch gebracht hatten. Der General dementierte in gewohnter Weise jede staatliche Mitwirkung am Freiheitskampf in Kaschmir und erkannte an, dass die Kontrolllinie nicht durch Gewalt verändert werden dürfe. Ein Dialog mit Indien sei möglich, „wo immer, wann immer, auf jedem möglichen Niveau“.

Musharraf weigerte sich, für die Rückkehr zur Demokratie einen Zeitplan festzulegen. Er habe aber keine Absicht, sich „zu verewigen“. Auch für die Festnahme des mutmaßlichen Terroristen Ussama bin-Laden im benachbarten Afghanistan machte er Clinton ebenso wenig eine Zusage wie über den Beitritt zum Atomtestverbot. BERNARD IMHASLY