: „Durchbruch“ beim Finanzausgleich
Die Ministerpräsidenten bestimmen: Arme Länder müssen sich nicht aus Geldnot zusammenschließen
BERLIN ap ■ Mit einer überraschenden Grundsatzeinigung haben die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer die Basis für einen neuen Finanzausgleich gelegt. Den Durchbruch brachte ein Katalog von Eckwerten, auf den sich die Länderchefs nach zweitägigen Beratungen am Samstag einigten.
Das Einigungspapier über die Eckpunkte enthält noch keine Angaben über die Höhe künftiger Ausgleichszahlungen. Bis zum Herbst soll aber ein Paket mit Empfehlungen vorliegen. Neu geschaffen werden soll ein System von Anreizen, das die Eigeninitiative der Länder zur Erhöhung ihrer Einnahmen etwa durch Industrieansiedlungen belohnen soll.
Die reichen Geberländer verzichteten im Gegenzug auf ihre Forderung nach Neugliederung schwacher Länder. Kein Bundesland dürfe „in seiner Existenz in Frage“ gestellt werden, heißt es. Vor dem Treffen der Länderchefs hatten sich deren Finanzminister über die Reform des Finanzausgleichs zerstritten.
Stoiber nannte Beispiele, wie das gegenwärtige System der Eigeninitiative von Nehmerländern zur Erhöhung ihrer Einnahmen entgegenwirkt. Er sagte, wenn Bremen seine Einnahmen um 100 Mark erhöhe, dann blieben der Hansestadt davon nur zwei Mark für die eigene Kasse, weil der Rest in den Topf des Finanzausgleichs zurückfließe. Stoiber sagte, die neue Gemeinsamkeit der Länder sei unter dem Druck des Bundesverfassungsgerichts zu Stande gekommen. Klage gegen das bisherige System hatten Bayern, Baden-Württemberg und Hessen geführt. Nach dem Urteil vom November muss eine Einigung spätestens 2004 erfolgen. Sollte bis Ende des Jahres 2002 keine neue gesetzliche Regelung geschaffen werden, entfällt der Länderfinanzausgleich mit einem Volumen von 70 Milliarden Mark vollständig. Der Ausgleich soll annähernd vergleichbare Lebensverhältnisse in armen und reichen Ländern sicherstellen.
Im vergangenen Jahr sind mehr als 40 Milliarden Mark im Bund-Länder-Finanzausgleich an elf der 16 Bundesländer geflossen. Das sind gut eine Milliarde Mark mehr als 1998, wie von Bund und Ländern jetzt vorläufig ermittelt wurde. Dahinter stehen die Leistungen von fünf Geberländern im Umfang von 14,6 (1998: 13,5) Milliarden Mark sowie des Bundes in Höhe von zusammen 25,8 (25,6) Milliarden Mark.
kommentar SEITE 11
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen