: Konzern-Kunst
■ Die Malerei ist längst am Ende. Trotzdem malt der Künstler Günther Förg fleißig weiter. Die Deutsche Bank zeigt jetzt in der Weserburg ihre umfangreiche Sammlung von Arbeiten des renommierten und umstrittenen Künstlers
Er lebt zurückgezogen in der Schweiz, und doch ist sein Name unter KunstkennerInnen ein Begriff: Der 1952 in Füssen im Allgäu geborene Günther Förg zählt zu den deutschen KünstlerInnen, die bis in die Champions League des internationalen Kunstmarktes aufgestiegen sind. Neben Museen hat auch die Deutsche Bank kräftig bei Förgs GaleristInnen eingekauft. So hat der Bankkonzern im Lauf der Jahre eine Förg-Sammlung im Retrospektiven-Format erworben und sie jetzt in der Reihe „Künstler im Geschäftsjahr“ auf die Reise durch eigene Filialen und Museen geschickt. Seit dieser Woche ist sie im Neuen Museum Weserburg in Bremen zu sehen.
Förgs Kunst ist in mehrfacher Hinsicht umstritten. Aufgefallen ist der in München ausgebildete und zwischen Malerei und Fotografie hin und her pendelnde Künstler durch große Installationen in Verbindung mit seinen Ausstellungen. Doch am bekanntesten dürften seine großformatigen Fotos des Frankfurter IG-Farben-Gebäudes sein. Es sind menschenleere Aufnahmen des Foyers und anderer Gebäudeteile. Freilich hat man beim Betrachten dieser Bilder die Geschichte und die Beteiligung des IG-Farben-Konzerns am NS-Massenmord im Hinterkopf, sucht quasi in der Architektur nach Spuren und Belegen dafür. Auf ähnliche Weise hat Förg auch das von Mussolini in Auftrag gegebene Messegelände EUR in Rom fotografiert. Das brachte ihm den Vorwurf ein, in seiner Kunst unreflektiert oder gar unkritisch die Ästhetik des Faschismus zu verwursten. Zwar zitiert Förg fast immer, aber der Vorwurf zielt daneben.
Günther Förg sucht in seiner Malerei und wirkungsvoller in seinen fotografischen Arbeiten buchstäblich nach der Dialektik der Moderne: Abgelebte und vernutzte Bauhaus-Architektur, das IG-Farben-Haus und eben der nach Ende der Mussolini-Diktatur ganz pragmatisch weiter genutzte und weiter gebaute Stadtteil EUR tragen die Spuren der Ideale von einst. Im Gegensatz zur Nazi-Bombastik à la Albert Speer ist die Architektur der Mussolini-Zeit über den Futurismus fast nahtlos mit der Formsprache der Moderne verbunden. Es ist wohl kein Zufall, dass Förg an den wenigen erhaltenen Nazi-Großbauten (bislang) nicht gearbeitet hat.
Dafür zitiert er anderswo. Seiner Malerei sieht man das Aha-Erlebnis noch an, das er um 1970 bei seinen ersten Begegnungen mit den MinimalistInnen gehabt haben muss. In mehreren Serien spielt er auf der Klaviatur ihrer Farbflächenkompositionen und mischt in diese Sprache jede Menge eigene Dialekte hinein.
Die Entwicklung der Malerei hat in der klassischen Moderne mit der Abstraktion rasant an Geschwindigkeit gewonnen. In letzter Konsequenz musste sie zum weißen oder sogar leeren Bild führen – und führte auch dahin. So ist die Moderne in der Malerei ein längst vollendetes Projekt. Als Postmoderner sucht Förg jetzt nicht mehr nach der neuen, nie da gewesenen Idee, sondern gewinnt seine Kunst bewusst aus der vorhandenen Kunst. Die Show geht weiter und zeigt nicht mehr nagelneue, dafür aber durchaus gute Bilder. ck
Bis zum 24. April in der Weserburg; Katalog: kostenlos (!)
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