: Auf die Baustelle zur Expo-Bremen
■ 64 Tage vor Beginn der Weltausstellung Expo präsentierte Bremen seine Angebote: Touristen sollen mit virtuellen, halbfertigen oder abgespeckten Expo-Projekten angelockt werden
„Wir wollen zur Expo mehr als ein Schlafplatz sein“, sagt Bürgermeister Henning Scherf (SPD) selbstbewusst. Stattdessen wolle Bremen die Gelegenheit nutzen, die Millionen von Menschen aus aller Welt nach Bremen zu holen. Aber der Vorsatz ist schwer mit Inhalten zu füllen. Bremens Expo-Attraktionen sind wenig verlok- kend: Die Projekte starben nach und nach oder wurden auf ein Minimum eingedampft.
Ob das Meeres-Zentrum „Blauer Planet“ jemals gebaut wird, steht in den Sternen – momentan sieht es in Bremerhaven für den ganzen Ocean-Park schlecht aus. Die „Welt im All“, einst als Herzstück des Space-Park geplant, soll nun als „Preview“ am Flughafen Bremens Anspruch als Weltraumstandort untermauern. Das in den Siebzigerjahren in Bremen entwickelte „Space Lab“ dagegen soll in Hannover im deutschen Pavillon Bremens „Aufbruch in eine technologieorientierte Zukunft“ markieren.
Das Rhodarium, das nach Fehlern bei der Kostenschätzung nun zum zweiten Mal abspecken muss, wird so spät realisiert, dass es mit der Expo nichts mehr zu tun haben wird. Um das Projekt tue es ihm „richtig Leid“ sagte Scherf. Das Rhodarium sei „völlig unverständlicherweise zum Faustpfand im Koalitionsstreit geworden“, machte der Bürgermeister die mitregierende CDU verantwortlich.
Als einziges zugkräftiges Großprojekt soll das UNIversum rechtzeitig zum Expo Start am 1. Juni vollständig fertig sein. Aber der gewöhnliche Expo-Besucher kann es nicht gleich besuchen: Nur Gruppen sollen zunächst in das „Science Reality Center“ gelassen werden. Erst ab dem 9. September können auch Einzelpersonen mit dem U-Boot durch eine überdimensionale Blutbahn fahren. Ganze sieben Wochen bleiben ihnen dafür dann noch bis zum Ende der Expo. Ebenfalls zum 1. Juni soll das historische Packhaus St. Jacobus eröffnen – allerdings noch nicht in vollem Umfang der geplanten Ausstellungen. Immerhin können sich dort die übrigen Projekte mit Schautafeln präsentieren. Manche werden das bitter nötig haben: Das Projekt „Zeiten der Stadt“, in dem Bremen, Hamburg und Hannover effektivere Formen des Zeitmanagements präsentieren, könnte zwar Vorteile für die Einwohner bringen, für Expo-Touristen aber kaum sinnlich erfahrbar sein – allenfalls durch die erhöhte Polizeipräsenz, die Bremen durch flexiblere Dienstpläne erreichen will.
Auch das „Netzwerk seelische Gesundheit“ spricht eindeutig nicht auswärtige Besucher an. Das Frauen-Wohn- und Arbeitsprojekt Beginenhof dagegen sollte eigentlich zum Besuch offen stehen. Mittlerweile sind die Organisatorinnen froh, wenn sie es bis Juli schaffen, zwei Musterwohnungen im Rohbau zugänglich zu machen.
In Bremerhaven haben es schließlich zwei Projekte in den Expo-Katalog geschafft: Das „Abenteuer Spurensuche“ ist nur die erste Stufe des ursprünglich auf 48 Millionen Mark ausgelegten Auswandererprojekts. Besucher können dort die Biografien ausgewählter Emigranten nacherleben. Wer sich dafür nicht interessiert, kann bei „Omega 3“ eine Fabrik besichtigen, in der aus Fischabfällen gewonnene Nährstoffe anderen Lebensmitteln zugefügt werden.
Die Anreize für Expo-Gäste zum Verweilen im Stadtstaat sind also bescheiden. Am wahrscheinlichs- ten ist, dass sie nach der Rückkehr aus Hannover noch ein Bier an der Schlachte trinken, bevor sie ins Hotelbett fallen – wahrscheinlich ohne zu merken, dass sie damit vom Expo-Projekt „Stadt am Fluss“ profitieren, dessen Herzstück die Erneuerung der Promenade ist. not
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