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Kleinstadt in Aufruhr: Wegen eines kritischen Beitrags des ARD-Magazins „Kontraste“ über Ausländerfeindlichkeit in Brandenburg fühlt sich Rathenow zu Unrecht an den Pranger gestellt

von JAN ROSENKRANZ

„Glauben Sie mir, mein Lieber, was wir hinzudichten, ist nicht so schlimm wie das, was wir weglassen“, ließ einst der Kästner Erich den Journalisten Münzer zu Fabian sagen. Die Journalistin Gabriele Probst hat auch einiges weggelassen. In ihrer Reportage „Ratlos in Rathenow“ für das ARD-Magazin „Kontraste“ vom 9. März kommen die nicht zu Wort, die sich gegen Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit regen.

Der Eindruck ensteht, dass es in Rathenow nicht eben viele davon zu geben scheint. Stattdessen sprechen vor allem Jugendliche, die aus ihrer ausländerfeindlichen Gesinnung keinen Hehl machen und mit stumpfen Begründungen aufwarten wie: „Na ja, die haben eine andere Farbe als wir, das ist es.“ In Bild und Ton tritt auch ein Schulleiter auf, der sich befragt zu Ausländerhass an seiner Schule zu der Aussage hinreißen lässt: „Woher wissen Sie das? Da wissen Sie mehr als ich.“

Auch vor dem nächtlichen Einkaufszentrum sammelte das TV-Team dumpfe O-Töne abhängender Jugendlicher. Vor dem Szenenwechsel schwenkt die Kamera noch einmal über die Gruppe, derweil die Sprecherin resümiert: „So denken alle hier.“ Gemeint sind die Jugendlichen, angesprochen fühlen sich jedoch alle Rathenower.

Volkes Zorn ist groß, dementsprechend reagierten die Einwohner. „Rathenow ist mehr. Es gibt auch positive Seiten, die nicht dargestellt wurden, obwohl Frau Probst mehrere Tage hier gedreht hat“, fasst Bürgermeister Hans Jürgen Lünser (parteilos) zusammen. Auf der eigens einberaumten Podiumsdiskussion stellte sich am Dienstagabend die „Kontraste“-Redaktion der Kritik. Alle Zeichen deuteten auf Sturm, hatte doch der Berliner Kurier das Rathenower Stadtoberhaupt mit den Worten zitiert: „Auf dem Podium wird abgerechnet“, was der zwar nie gesagt hat, aber es dröhnt halt so schön.

„Solange Menschen in Rathenow in Angst leben müssen, wegen ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe, ihrer Kultur gedemütigt, verfolgt oder geschlagen zu werden, so lange werden wir weiter berichten“, hieß es aus der „Kontraste“-Redaktion. Und „Kontraste“ ist nicht die „Tagesschau“, sondern ein TV-Magazin, das auch Meinung transportiert. Mit ihren Beiträgen beziehen die Autoren Stellung. Über die lässt sich streiten, aber eins betont Moderatorin Petra Lidschreiber: „Wir haben keinen Reisebericht machen wollen.“

„Schreibe niemals Namen falsch“, lautet eine alte journalistische Regel, denn darüber erregen sich die Leute mehr als über Skandale. So verwundert es kaum, dass sich die Rathenower an dem Lapsus erhitzen, das Stadtzentrum als „schöne Altstadt“ zu bezeichnen, obgleich es doch dem Krieg zum Opfer fiel. Aber gerade kleine Fehler machen den Beitrag unnötig angreifbar. So kommt es, dass plötzlich der absurde Vorwurf im Raum steht, die Autorin hätte sich die Aussagen der rechtsgewirkten Jugendlichen dreist erkauft.

Weil Rathenower das alles als Panikmache und Sensationslust empfinden, kleben an ihren Jacken rote Buttons, darauf steht „Quotenjournalismus – Nö“. „Nö“, sagt auch Petra Lidschreiber, „mit dem Thema lässt sich keine Quote machen.“ Dennoch beklagt der Bürgermeister stellvertretend für viele an diesem Abend des Öfteren den „nicht absehbaren Imageschaden“, als hätte ausgerechnet diese Reportage dem Ansehen der Stadt mehr geschadet als deren – Achtung – teilweise fremdenfeindliche Einwohner. Die Nachricht über Aslybewerber, die ihre Verlegung in ein anderes Bundesland fordern, weil niemand für ihre Sicherheit garantiert, erzeugt eben mehr Aufsehen als Erfolgsmeldungen über sanften Wandertourismus im Land Brandenburg. Doch vor allem den sieht man in Gefahr.

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