: Zurück zum Geldverdienen
Eine Jobbörse vermittelt Arbeitnehmer von Berlin in die Türkei. Die meisten sind jung und qualiziert und sehen ihren Job als Sprungbrett für den Berufseinstieg
Yusuf Kepekli denkt rein pragmatisch: „Ich glaube nicht, dass ich in Berlin einen Job finden werde. Deshalb versuche ich es in der Türkei.“ Der 31-Jährige, der im 18. Semester Wirtschaftwissenschaften studiert, steht kurz vor dem Abschluss. Er will als Controller in einer großen Firma arbeiten. Deshalb informierte Kepekli sich gestern bei der ersten deutsch-türkischen Berliner Jobbörse, die vom Arbeitsamt und der Koordinierungsstelle für berufliche Mobilität und Integration im Ausland aus Köln organisiert wurde. Dort präsentieren sich 12 internationale und türkische Firmen, die Arbeitnehmer für die Industrie in der Türkei suchen. Zum Bespiel Mercedes-Benz, Ford, Volkswagen und Bosch.
Aus Deutschland zurück in die Türkei gehen rund 45.000 Menschen jährlich. „Diese Zahlen sind jedoch etwas irreführend“, sagt Friederike Eckhoff, die die Jobbörse koordiniert. Die meisten, die zurückgingen, seien nämlich RentnerInnen. „Menschen, die sich fest in einem sozialen Gefüge befinden, sind die Ausnahme.“ Diese gingen entweder aus familiären Gründen zurück, um beispielsweise zu heiraten oder eine Erbschaft anzutreten. Oder um zu arbeiten. Und sind dann meistens jung und gut qualifiziert. „Sie wollen Karriere machen“, sagt Eckhoff.
Yusuf Kepekli, der seit 1979 in Berlin lebt und beide Staatsangehörigkeiten besitzt, hat sich einen Neuanfang in der Türkei ganz genau überlegt. „Es wird am Anfang eine große Umstellung sein“, sagt er. „Ich werde nicht mehr so frei leben können wie in Berlin.“ Kepekli möchte am liebsten zu Mercedes-Benz, die in Mittelanatolien ein Lkw-Werk betreiben. Das Gehalt wird niedriger sein, aber auch die Lebenshaltungkosten, hat er sich ausgerechnet. „Wenn ich wirklich in Anatolien lande, dann bin ich spätestens in fünf Jahren zurück in Deutschland“, sagt Kepelki, der beide Sprachen fließend spricht. Er erhofft sich, durch seine Berufserfahrung dann in Deutschland schnell einen neuen Job zu finden.
Doch ob der angehende Wirtschaftwissenschaftler wirklich in die Türkei geht, hängt von Mehmet Çelik ab, der gestern für Mercedes in Anatolien die Bewerbungsgespräche führte. Von den 130 Führungskräften und hoch qualifizierten Angestellten sind 50 Rückkehrer aus Deutschland. Die Arbeiter kommen alle aus der Türkei. „Da es sich um ein deutschstämmiges Werk handelt, wollen wir auch Angestellte mit einer deutschen Mentalität“, begründet Çelik das Engagement von Mercedes-Benz. Genügend qualifizierte Fachkräfte gebe es nämlich durchaus in der Türkei. Der Mercedes-Manager möchte vier Berliner einstellen.
Für Friederike Eckhoff vom Arbeitsamt steckt der Arbeitskräfteaustausch noch in den Kinderschuhen: „Deutschland muss engagierter werden, bestehende Kontakte zu pflegen.“ Die Jobbörse, die in Deutschland bereits zum 6. Mal stattfindet, müsse sich auch anderen Berufsgruppen wie Krankenschwestern und Erzieherinnen öffnen. Möglich ist derzeit, ein vom Arbeitsamt bezahltes „Schnupperpraktikum“ in einem Betrieb zu machen. Das Arbeitsamt zahlt den Flug und 2.800 Mark. Geht ein Arbeitnehmer langfristiger in die Türkei, gibt es außer einer Beratung keine Unterstützung vom Arbeitsamt.
Auf der letzten Börse in Hamburg wurden bei 180 Besuchern 12 Menschen vermittelt. JULIA NAUMANN
Die Börse findet heute noch von 9 bis 18 Uhr im Berufsinformationszentrum in der Oudenarder Str. 16 in Berlin-Wedding statt.
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