: Naturschönheit Uganda
Einst aufgehender Stern am afrikanischen Tourismushimmel, leidet Uganda noch heute unter den Nachwirkungen von Diktatur und Bürgerkrieg. Die Verwaltung des Murchison Fall Nationalparks versucht, das Image zu heben
von RÜDIGER HAUM
Uganda steht auf der Hitliste afrikanischer Reiseziele schon lange nicht mehr oben. Nachdem die Nachricht des tödlichen Angriffs von Hutu-Rebellen auf eine Reisegruppe im Bwindi National Park um die Welt ging, könnte das Land sogar bald zu den Schlusslichtern gehören.
Auslandsämter in aller Welt warnten vor Reisen in das ostafrikanische Land, die Stornierungen nahmen ebenso schnell zu wie die Buchungen ab. Zu Unrecht, wie beispielsweise der Murchison Fall National Park zeigt. Dort bemüht sich seit mehreren Jahren ein kleines Team von Entwicklungshelfern um die Rehabilitierung des wunderschönen Parks als Ferienziel. Von blutrünstigen Rebellen mit Mordgelüsten an Touristen fehlt jede Spur.
Lange bevor safarilustige Weiße in Kenia einfielen und Dr. Grzimek für den Erhalt des tansanischen Serengeti-Parks auf deutsche Tränendrüsen drückte, war Uganda der aufgehende Stern am bis dato fast unerschlossenen Tourismushimmel Afrikas. „In den Sechzigern hatte der Murchison Fall Nationalpark pro Jahr 60.000 Besucher“, erzählt Entwicklungshelfer Georg Heidenreich. „Letztes Jahr war es gerade mal ein Zehntel, und durch Bwindi wird es wahrscheinlich nicht besser.“ Der Murchison Fall Park ist der größte der fünf ugandischen Nationalparks und liegt im grünen Westen des ostafrikanischen Landes.
Heidenreich arbeitet dort seit zwei Jahren bei einem Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Entwicklungsdienstes und der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit. Die Wiederherstellung der Infrastruktur, Unterstützung der Parkverwaltung bei Bewirtschaftung sowie Finanzangelegenheiten, Workshops und der Aufbau einer lokalen Natur- und Artenschutzabteilung sollen wieder mehr Touristen in den Park bringen.
Keine einfache Aufgabe, stehen doch zwanzig Jahre ugandische Geschichte im Weg. Bevor Idi Amin sich 1971 blutig an die Macht putschte, waren im Park 20.000 Elefanten zu bestaunen, mehr als Kenia und Tansania heute zusammen aufweisen können. Doch Amin schloss die Landesgrenzen für Touristen, und seine marodierenden Truppen machten sich daran, mit ihren Schnellfeuergewehren die Wildbestände aufs Korn zu nehmen. Unter seinen Nachfolgern Obote und Okello verhielt es sich kaum anders.
„Wie die Amis zu Buffalo Bills Zeiten vom Zug aus ganze Büffelherden abknallten, haben Amins Leute aus Spaß an der Freude Elefanten, Giraffen und Nilpferde abgeknallt“, berichtet der im Park mit der Leitung des Straßenbaus beauftragte Ingenieur Dieter Koch. Vereinzelte Panzerwracks entlang der Schotterpisten und die verkohlten Ruinen zweier Safaricamps zeugen immer noch von der Zerstörungswut der Söldner. Erst Anfang der Neunzigerjahre, nach der Machtübernahme des jetzigen Präsidenten Museveni, öffneten sich die Tore des Parks wieder für ausländische Touristen.
Zu spät für die Tiere und ärgerlich für alle, die vom Tourismus leben müssen. Heute trampelt die mickrige Anzahl von sechshundert Elefanten durch den Busch, und wer eine Giraffe oder gar einen Löwen zu sehen bekommt, hat außerordentliches Glück. Und der Wildbestand ist keineswegs gesichert. „Das Fleisch eines gewilderten Nilpferds hat den Gegenwert eines kleinen Vermögens: drei- bis viertausend Mark“, erklärt Heidenreich. Bei diesem Anreiz und einer Schutztruppe von zweihundert chronisch unterbezahlten Rangern für ein 3.900 Quadratkilometer großes Gebiet ist gegen illegale Jagd wenig zu machen.
Bereisenswert ist der Park trotzdem. Der träge dahinfließende Nil teilt den Park in zwei fast gleich große Hälften und wird an den Murchison-Wasserfällen, die eine wahre Augenweide sind, sogar richtig wild. An den gleichermaßen von Schilf und wilden Seerosen bewachsenen Ufern tummeln sich Krokodile neben Nilpferden, und ab und zu kommt auch eine Elefantenfamilie zum Baden vorbei. Die Wildhüter, fast immer gut gelaunt und ebenso oft mit Kalaschnikows bewehrt, begleiten kurze Wanderungen durch den Busch.
Wild ist rar, und auch auf mehrstündigen Fahrten müssen sich Besucher ab und zu mit zwei Wasserbüffeln und ein paar Buschböcken bescheiden. Dafür blüht die Natur um so üppiger. Dank der Mittelgebirgslage Westugandas und reichlich Regen findet sich im Park trotz Äquatornähe weder von undurchdringlichem Regenwald noch von verödeten Steppen eine Spur.
Der geringe Wildbestand ist nicht die einzige Hürde auf dem Weg zu mehr zahlenden Touristen, die zur langfristigen Erhaltung des Parks dringend gebraucht werden. Das von der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau bereitgestellte Geld, erklärt Koch, reiche hinten und vorne nicht, ständig fehle aus unerklärlichen Gründen der Diesel für die Planierraupen, und einmal angelernte Arbeitskräfte suchten sich verständlicherweise so schnell es geht einen besser bezahlten Job.
Trotzdem ist Koch, der zwanzig Jahre Straßenbau in Afrika auf dem Buckel hat, optimistisch: „Wenn die politische Lage stabil bleibt, kann der Park überleben.“ Etwas verhaltener äußert sich Georg Heidenreich zur Zukunft des Parks. „Nach dem Vorfall in Bwindi kann keiner sagen, wie es weitergeht. Im Moment profitieren wir davon, weil die wenigen Rucksackreisenden jetzt zu uns kommen. Aber langfristig kann ich keine Aussage machen.“ Zehn Tage vor Ostern waren die komfortablen Zimmer in der Fünf-Sterne-Lodge mit nur einem einzigen Gast belegt.
Gerade wegen des ständig drohenden Schwunds außerafrikanischer Besucher gehen die Marketing-Bemühungen von Georg Heidenreich auch schon länger in eine andere Richtung. Er versucht, der einheimischen Bevölkerung den Kurzurlaub in der Wildbahn schmackhaft zu machen. Die finanziellen Möglichkeiten seien in der langsam wachsenden ugandischen Mittelschicht schon vorhanden, nur dächte die nicht im Traum an einen Parkbesuch als Freizeitvergnügen. „Safari ist in den Köpfen der Ugander immer noch eine Sache für Weiße, nicht für Schwarze.“
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