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Handel handelt mit Bürgerini

Penndorf, Karstadt und Co. prophezeien Arbeitsplatzverluste bei Umsetzung der Neubau-Pläne für den Bahnhofsvorplatz Bergedorf  ■ Von Gernot Knödler

Der Bürgerentscheid gegen die geplante Bebauung des Bergedorfer Bahnhofsvorplatzes am 27. April wird von den großen alteingesessenen Einzelhandelsgeschäften unterstützt. Die Betriebsräte und Geschäftsführer von Karstadt, Marktkauf, Peek&Cloppenburg, Woolworth und Penndorf warnen, ein in sich geschlossenes Einkaufszentrum am Bahnhof würde der malerischen Fußgängerzone Bergedorfs das Wasser abgraben und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.

Die Kaufhäuser liegen alle in der Alten Holstenstraße und ihrer Fortsetzung, dem Sachsentor. Mit einer Unterbrechung am Bahnhof durchziehen die beiden Straßen als zentrale Einkaufsachse den 110.000-Einwohner-Stadtteil.

„Wer parkt hier und geht da einkaufen?“, fragt Hendrik Penndorf, der Chef des gleichnamigen Bekleidungshauses, das seit 1851 in Bergedorf besteht. Der junge Mann mit dem blauen Blazer und der blonden Tolle zeigt auf den Entwurf des Einkaufs- und Unterhaltungszentrums, der braun und klotzig in ein Foto Bergedorfs montiert ist, und dann aufs Sachsentor.

Der Schwerpunkt des geplanten Einkaufszentrums liegt südlich der Bundesstraße 5, ganz am Südrand ist das dazugehörige Parkhaus geplant. Penndorf beschreibt einen möglichen Weg vom Parkhaus durchs Einkaufszentrum: per Ringbrücke über die Bundesstraße, weiter im Einkaufszentrum, dann durch das City Center Bergedorf und nach weiteren 100 Metern toter Strecke schließlich in die Fußgängerzone. Ein Weg, der Penndorfs Ansicht nach viel zu weit ist, selbst wenn die KundInnen nicht im neuen Einkaufszentrum hängen bleiben.

Auch Rolf Egberts, Geschäftsführer der beiden Bergedorfer Karstadt-Häuser, glaubt, die Pläne des Baukonzerns Hochtief würden zu einer Erosion der heutigen Einkaufsmeile führen. „Wer hat denn in Hamburg so eine schöne Fußgängerzone?“, fragt er. Karstadt habe jedenfalls vor vier Jahren 15,9 Millionen Mark in den Standort investiert und lege zurzeit noch einmal eine halbe Million drauf, ebenso Penndorf, der sein Haus gerade für fünf Millionen Mark umbaut.

Den Kaufhäusern prognostiziert Egberts eine langfristig sichere Zukunft, im Gegensatz zu den Fachmärkten wie MediaMarkt, die ins Hochtief-Zentrum einziehen sollen. Diese müssten immer stärker mit dem Internet-Handel konkurrieren und seien vielleicht in zehn Jahren gar nicht mehr da.

Schließlich das Arbeitsplatz-Argument: Der Fach-Einzelhandel beschäftige zwei- bis zweieinhalbmal mehr Mitarbeiter bezogen auf die Verkaufsfläche als die Fachmärkte. Bei den Azubis sei es sogar das Vierfache, bekräftigt Lutz Eilrich von der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV), der die Händler und Betriebsräte zusammengeführt hat.

Auch Egberts und Penndorf betonen, sie wollten Bergedorf entwickeln. Dafür müsse der Stadtteil sich aber zunächst über ein Leitbild einigen und hierfür dann ein städtebauliches sowie ein Verkehrskonzept erarbeiten. Fachmärkte, Kinos und Diskotheken wollen sie näher an der Fußgängerzone sehen. Möglichkeiten hierfür gebe es genug.

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