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Million Dollar Hotel Mir

Gestern starteten zwei Kosmonauten zur russischen Raumstation, um sie in ein Space-Hotel umzubauen

BERLIN taz/AP ■ Der US-Telekommunikationsunternehmer Walt Anderson will der schrottreifen russischen Raumfähre Mir ein neues Leben bescheren. Aus der um die Erde kreisenden Blechbüchse soll ein Space-Hotel für zahlungskräftige Extremtouristen werden. Gestern startete der erste Flug zwecks Reparatur.

Mit 13,5 Millionen Dollar Anfangsinvestitionen hat Anderson die 14 Jahre alte Orbitalstation einstweilen vor der geplanten Verschrottung bewahrt. Die gestern von Baikonur in Kasachstan gestarteten Kosmonauten Alexander Kaleri und Sergej Saletin sollen die Station nun in einer 60-tägigen Mission für die kommerzielle Nutzung instand setzen.

Anderson rechnet mit Sanierungskosten von 200 Millionen Dollar (über 400 Millionen Mark), um das spartanische Jugendherbergs-Ambiente innerhalb des Flugkörpers zum Luxus-Space-Hotel umzugestalten. Weitere 100 Millionen Dollar pro Jahr werden für die Wartung veranschlagt.

Der erste Start in die kommerzielle Nutzung verlief technisch reibungslos. Nur der erste zahlende Gast, der Schauspieler Wladimir Steklow, war nicht an Bord: Seine Auftraggeber überwiesen nicht die mehrere Millionen Dollar teuren Reisekosten. Also blieb Steklow, der Szenen für einen Spielfilm aufnehmen sollte, auf der Erde. Flüge zur „Mir“ werden mit 25 Millionen Dollar in Rechnung gestellt.

Die seit dem 27. August vergangenen Jahres unbemannte Orbitalstation befindet sich in einem denkbar schlechten Zustand. Seit die Mir im Juni 1997 mit einer unbemannten Transportrakete kollidierte und danach brannte, verliert die Station ständig Luft. Die Mir leidet an Materialermüdung, Korrosion und chemischer Verseuchung. Die Austattung und die lebenserhaltenden Systeme gelten als veraltet.

Die Orbitalstation – ursprünglich nur für fünf Jahre Forschung gebaut – war einst der ganze Stolz der russischen Raumfahrt.

Seit 1986 beherbergte sie über 100 Kosmonauten und umkreiste die Erde 77.000-mal.

RAINER BOSSERT

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