: fakten
Die Knastmisere
Bei der Amnestie-Debatte geht es nicht nur um Barmherzigkeit. Die Freilassung tausender Häftlinge mit geringeren Vergehen, könnte, so die Rechnung der Seelsorger, die Haftbedingungen verbessern und Geld sparen, das dem Vollzug fehlt. Denn in der Republik sitzen immer mehr Menschen im Gefängnis, trotz sinkender Kriminalitätsraten. 1999 waren es bundesweit 57.000 Insassen, 1993 noch 35.000. Es wird geschätzt, dass deshalb in den nächsten Jahren eine zweistellige Milliardensumme für den Neubau von Gefängnissen gebraucht wird, laufende Kosten nicht eingerechnet. Durch die Überbelegung können die Resozialisierungs-Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes nicht umgesetzt werden: Freizeit- und Arbeitsmöglichkeiten sowie Besuchszeiten werden begrenzt. Jährlich begehen etwa 100 Gefangene Selbstmord. Zur Überbelegung kommt Personalmangel, unter dem Bedienstete und Häftlinge gleichermaßen leiden. Reißerische Medienberichterstattung und falsche Politik, hätten, so die Seelsorger, zudem eine übertriebene Furcht der Bundesbürger vor Verbrechen geschürt. Es sei eine gesetzwidrige Rückkehr zum „Verwahrvollzug“ zu befürchten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen