piwik no script img

Zweitklassig besser fahren

S-Bahn will 1. Klasse abschaffen. Bessere S3 im Süden geplant  ■ Von Gernot Knödler

Die Hamburger S-Bahn will spätestens zum Winterfahrplan ihre 1. Klasse abschaffen. Wie Peter Hofmann, der Sprecher der Geschäftsführung, bei der Jahrespressekonferenz der Bahn-Tochter sagte, soll damit vor allem das Gedrängel in den Stoßzeiten gelichtet werden. Außerdem will er mehr Züge auf der S3 in den Süderelberaum fahren lassen – auf Kosten der äußeren Äste der S1.

Ein Drittel der Wagen ist nach Angaben der S-Bahn den 70.000 Passagieren der 1. Klasse vorbehalten. Insgesamt fährt jedoch täglich rund eine halbe Million Menschen S-Bahn. „Durch die Abschaffung der Ersten Klasse werden die Fahrzeuge besser ausgelastet, und das Sitzplatzangebot für 430.000 Fahrgäste täglich wird deutlich verbessert“, erklärte Hofmann. Die zu erwartenden Verluste an Einnahmen und Passagieren bewegten sich laut einer Umfrage des HVV „im Promille-Bereich“ und erfüllten so die Vorgaben der Bürgerschaft.

Hofmann erwartet, dass sich Touristen und HamburgerInnen, die selten die S-Bahn benutzen, in dem vereinfachten Angebot besser zurecht finden. Weil es künftig mehr Platz im Durchschnittswagen geben wird, will er ausprobieren, ob eine ganztägige Fahrradmitnahme möglich wäre.

Auch zwischen den Regionen will der S-Bahn-Chef das Platz-Angebot umschichten: Auf der S3 von und nach Neugraben sollen künftig zwischen 6 und 8.40 Uhr ausschließlich lange Züge verkehren. Auf der S2 Richtung Bergedorf werden täglich sechs Fahrten dazukommen, denn der Bahnhof Allermöhe brachte neue Fahrgäste.

Bluten muss hierfür der Norden. Um die nötigen Fahrzeuge zu gewinnen, wird zwischen den Stationen Pinneberg und Elbgaustraße sowie zwischen Poppenbüttel und Ohlsdorf nur noch im Zehn-Minuten-Takt gefahren. Zwischen Blankenese und Altona wird der Fünf-Minuten-Takt verkürzt.

Damit stelle sich die S-Bahn auf die tatsächlich vorhandene Nachfrage ein, so Hofmann: Während zwischen sieben und acht Uhr zwischen Krupunder und Elbgaustraße 206 Passagiere pro Fahrt gezählt wurden und zwischen Kornweg und Ohlsdorf nur 184, waren es zwischen den Bahnhöfen Hammerbrook und Veddel 676 pro Fahrt.

„Der Süderelbe-Raum ist für uns ein Klassemarkt“, freute sich Peter Hofmann. „Hier brummt's richtig.“ Denn dorthin fahre, abgesehen von wenigen Bussen, allein die S-Bahn. Am liebsten würde die S-Bahn daher ab 2002 bis Buxtehude fahren. Eine Studie belegt, dass das technisch machbar wäre. Zwei bis drei Monate nach einer Entscheidung könnte der erste Testzug losrollen.

Der Umsatz der S-Bahn ist von 292 Millionen Mark 1998 auf 299 Millionen 1999 gestiegen, die Zahl der Fahrgäste von 158 auf 160 Millionen. Der Kostendeckungsgrad des Nahverkehrsunternehmens lag bei circa 60 Prozent. 122 Millionen Mark schoss die Stadt mit Geld aus dem Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz zu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen